Quasselprinzessinnen
MARIONETTENTHEATER / PRINZESSINNENDRAMEN
30/11/15 Das Originellste ist ja, dass es diese Produktion überhaupt gibt. Das Salzburger Marionettentheater und Elfriede Jelinek: Die Institution und der Name der Dichterin fällt einem eher nicht im selben Gedankengang ein. Möglicherweise dem Publikum auch nicht.
Von Reinhard Kriechbaum
Jedenfalls misstraut man potentiellem Zuschauerinteresse und hat sicherheitshalber nur drei Aufführungen angesetzt. Die schüttere Menschenkulisse am Premierenabend (26.11.) hat den vorauseilenden Pessimismus bestätigt. Da wäre so gut wie für jeden männlichen Besucher eine Prinzessin abgefallen. Man konzentriert sich in dieser Produktion auf die Dramolette um Schneewittchen und Dornröschen.
Nein, es waren schon mehr als zwei Besucher. Auch deutlich mehr als vier (es gibt von Elfriede Jelinek vier „Prinzessinnendramen“). Man hatte sich im Marionettentheater ganz eifrig auf die Suche nach Prinzessinnen gemacht und eine ganze Armee im Depot gefunden. Mit ein paar Handgriffen hat man sie wohl adaptieren können. Auch eine gelenkige Fäden-Ballettänzerin für den Donauwalzer konnte man gut als Prinzessin einführen. So viele Krönchen-Damen! Und eine sprechende Kuh auch noch.
Gemeinsam mit den zwei Jungschauspielerinnen Genet Zegay und Hannah Jaitner und ihrem Kollegen Martin Trippensee – alle Schauspielstudenten am Thomas Bernhard Institut der Universität Mozarteum – sind es nun also drei Dutzend Prinzessinnen. Das Miteinander von Menschen und Marionetten hat immer seinen Reiz. Wenn die Damen und Herren sitzen, reicht auch die Bühnenhöhe, und wenn sie aufstehen und ihnen der Kopf fehlt, dann kommt das ohnedies den Jelinek'schen Ideen für die Prinzessinnen-Dramulette recht nahe. Schneewittchen, Dornröschen, aber auch ihre männlichen Aufwecker, Prinz und Jäger, sind ja so einzementiert in die Geschlechterrollen, so dass die Emanzipationsgelüste der Damen grandios scheitern.
Was die beiden Jung-Regisseure Franz-Xaver Mayr und Korbinian Schmidt da machten, birgt freilich viel Uneingelöstes. Vor allem krankt die Produktion am rasenden Sprechtempo, bei dem Wortwitz, Ironie und bösartige Wortdrehungen der Jelinek ganz hoffnungslos auf der Strecke bleiben. Dies, obwohl die drei Human-PrinzessInnen wie geschliffen reden. Die Betätigung der Notbremse wäre angesagt.
Manche reizvolle Idee (etwa der Blick in den Bühnenhintergrund) täuscht letztlich doch nicht darüber hinweg, dass man die Optionen der Fäden-Mitspielrinnen bestenfalls halbherzig nützt. Die Sache wäre erst dann reizvoll, wenn die Marionetten die Aussagen der Prinzessinen persiflieren und die guten Absichten der Damen Lügen strafen würden. Aber dafür ist diese Aufführung einfach zu atemlos. Nach 65 Minuten geht man ins Ziel. Der Wettlauf gegen den Text scheint jedenfalls gewonnen.