Kafkas komischer Käfer
SCHAUSPIELHAUS / DIE VERWANDLUNG
02/10/15 Zu einem Ausflug in die absurde Welt Franz Kafkas lädt das Schauspielhaus Salzburg zum Saisonauftakt seiner Jugendstück-Reihe: Regisseurin Bernadette Heidegger bringt „Die Verwandlung“ von Gregor Samsa vom Familienerhalter zum ungeheuren Ungeziefer in knackigen 75 Minuten auf die Bühne.
Von Christoph Pichler
Eigentlich sollte Gregor schon längst auf dem Weg in die Arbeit sein, doch als er aus unruhigen Träumen erwacht, ist der verpasste Fünfuhrzug sein kleinstes Problem. Er selbst hat sich nämlich über Nacht in einen Käfer verwandelt und bangt jetzt um seine ungeliebte Anstellung als handelsreisender Tuchhändler. Mit seinem Einkommen erhält und ernährt er Eltern und Schwester und bezahlt er auch noch die Familienschulden ab. Doch damit hat es ein jähes Ende, denn rasch steht der Firmenprokurist vor der Tür und ergreift beim Anblick seines offensichtlich arbeitsunfähigen Untergebenen die Flucht.
Auch die Familie ist wenig begeistert von Gregors neuem Erscheinungsbild, denn nun heißt es, raus aus dem Pyjama und selbst arbeiten statt spät aufstehen und abkassieren. Während Mutter und Schwester anfangs noch Mitleid zeigen und sich (wenn auch widerwillig) um den Gezeichneten kümmern, will Papa lieber nichts mit seinem zum Parasiten mutierten Sohn zu tun haben.
So verkümmert Gregor langsam in seinem immer verwahrlosteren Zimmer, während sich die Familie schrittweise von seinem einstigen Ernährer abnabelt und ihn bald nur mehr als lästiges Übel betrachtet. Wie lange das wohl gut geht?
Magnus Pflüger muss sich als Gregor Samsa glücklicherweise nicht in ein komisches Käferkostüm zwängen, werden doch seine Auftritte als Krabbeltier geschickt als Schattenspiel am Bühnenhintergrund - Vincent Mesnaritsch - inszeniert.In seiner Rolle als Erzähler nimmt der Schauspieler dagegen nur langsam animalische Züge an, bis er am Ende dreckverschmiert und in Unterhosen vor uns steht.
Ute Hamm glänzt als Mutter am Rande des Nervenzusammenbruchs, Nenad Subat greift als Vater ebenso zielsicher in die Trickkiste der nervösen Ticks, Kristina Kahlert rundet als heiß geliebte Schwester das starke aufspielende Kernensemble ab.
Regisseurin Bernadette Heidegger gelingt es, den komischen Charme der absurden Kafka-Welt ohne große Verluste auf die Bühne zu übertragen. Die großteils in Schwarz-Weiß gehaltenen Kostüme von Elke Gattinger unterstreichen dabei sowohl den ambivalenten Comic-Charakter des Geschehens als auch die langsame Verwandlung der Restfamilie. Bei der Premiere am Donnerstag (1.10.) Oktober zeigte sich das Publikum zu Recht von Ensemble und Inszenierung begeistert.