Altes Ränkespiel im neuen Kostüm
KLEINES THEATER / DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR
17/06/15 Man schrieb das Jahr 1995, als sich erstmals sechs Studentinnen und Studenten während der Sommerferien trafen, um gemeinsam der Schauspielkunst zu frönen. Inzwischen feiert die „theaterachse“ ihren 20. Geburtstag und begeht dieses Jubiläum mit einer fulminanten Inszenierung von Shakespeares Komödie.
Von Claudia Maria Kraml
Zwei Frauen können es kaum fassen: Ein und derselbe Mann hat ihnen beiden Liebesbriefe geschickt, noch dazu haargenau mit dem gleichen Wortlaut. Voll gekränktem Stolz machen sie ihrem Ärger Luft, woraus im ersten Moment aufgebrachtes Kauderwelsch entsteht. Sie reden aneinander vorbei, jede ist in ihrem eigenen Kummer gefangen – bis sie auf die Idee kommen, dem selbstverliebten Sir John Falstaff mit vereinten Kräften das Handwerk zu legen: Der Startschuss für kaum mehr enden wollende Intrigen und Verwechslungen.
Die durchwegs authentisch wirkenden Darsteller sprühen vor Lebenskraft, und ihr Begeisterung fürs Schauspielen wird geradezu physisch spürbar, wann immer diese Figuren ihre Standpunkte stimmgewaltig in den Raum werfen. In der Rolle des genusssüchtigen Lebemanns, der sich sämtlicher Frauenherzen sicher wähnt, brilliert etwa Sebastian Brummer. Er macht auch urch beeindruckende Gesangssoli auf sich aufmerksam.
Musik leistet generell einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Facettenreichtum der Aufführung, egal, ob es sich nun um den berührend dramatischen Ausdruck von Falstaffs Reue oder um das Klavierspiel des jüngsten Ensemblemitglieds Sophia Schuh handelt. Sie untermalt alle Szenen treffend.
Besonders wandlungsfähig ist in dieser Runde Elisabeth Nelhiebel. Sie sorgt als schwerhöriges, ein Hirschgeweih verehrende und permanent Kaugummi kauendes Dienstmädchen Quirlig für herzhaftes Lachen im Publikum, dannn in schaurig-komischer Feenverkleidung für herzhaftes Lachen. Und schließlich macht sie die Liebe zu Frau Reichs Tochter Anna (beide Anna Paumgartner) ebenso glaubhaft.
„Wie Schatten flieht die Liebe, indem man sie verfolgt...“, sinniert Falstaff. Gebannt und mit zunehmender Belustigung beobachtet man, wie Frau Fluss (Claudia Schächl) und Frau Reich munter immer wieder neue Rachepläne schmieden und sich das Netz um den ehemaligen Frauenhelden enger zieht. Ebenso fasziniert lauscht man seinem wortreich beklagten Niedergang – und hat dennoch nicht mehr als ein Schmunzeln für ihn übrig, als er daran verzweifelt, ständig zum Narren gehalten zu werden.
Dabei ist den Frauen mit den auch im Deutschen sprechenden Namen jedes Mittel recht, sei es nun das Einsperren in den Wäschekorb oder das mitternächtliche Aufsuchen einer alten Eiche, unter der sich surreal anmutende Szenen abspielen. Dank ihrer Skrupellosigkeit werden dem Publikum zwei amüsante, kurzweilige Stunden beschert.
Regisseur Mathias Schuh Mut zeigt Mut zu schrägen Kostümen und allerhand sexuellen Anspielungen. Die wie auch immer gearteten Bande zwischen den von sechs Leuten gespielten fünfzehn Figuren halten den Theatergast bis zum Schluss in Atem. Schließlich geht eine Menge an absurd-komischen Verwirrungen über die Bühne, bis das unvermeidliche Happy-End naht und sich letztendlich zeigt, dass – zumindest auf inhaltlicher Ebene – im Grunde viel Lärm um nichts veranstaltet wurde. Und der Rest ist tosender Applaus.