Knackarsch & Co
LANDESTHEATER / RAINBERGHALLE / LADIES NIGHT
07/05/15 Gibt es jemanden in der Aufführung von „Ladies Night“ des Landestheaters in der Rainberghalle, der am Premierenabend einen römischen Einser verdient hat? Ja freilich – das Publikum!
Von Reinhard Kriechbaum
Das hat mitgespielt auf Teufel-komm-raus. Viele wissen, wie man als Frau oder als Frauenversteher reagieren muss, wenn die Aktionen der Möchtegern-Chippendales eindeutig werden: Ausufernde Begeisterung also schon beim allerersten Blick aufs allererste männliche Hühnerbrüstlein. Das obligate Anfeuerungs-Gekreische muss dann natürlich systematisch gesteigert werden, je näher Knackarsch & Co rücken. Das gehört zum Ritual.
Die Leutlein am Premierenabend (6.5.) in der Rainberghalle waren keine Spielverderber. Und so herrschte zuletzt schier tumultuöse Begeisterung. Bei einer Premiere sind ja immer auch viele Theaterleute und besonders viele Sympathisanten im Publikum. Die haben das nötige handwerkliche Rüstzeug, um die Euphorie echt ansteckend zu machen.
Ach ja, fast ein wenig peinlich, dass man es nicht ganz unter den Tisch fallen lassen darf: Der Anlass für die tollwütige Theaterfreude ist eine Aufführung. Deren Qualität hinkt der perfekten Selbstinszenierung des Publikums deutlich hinterher. „Ladies Night“ von Stephen Sinclair und Anthony McCarten war als Film unter dem Titel „Ganz oder gar nicht“ ein Must-have-seen. Eine Bühnenproduktion ist auch eine beinah todsichere Sache. Das Schauspielhaus hat es in Salzburg schon mal vorgezeigt.
Hier nun bilden Tim Oberließen, Christoph Wieschke, Clemens Ansorg, Axel Meinhardt, Hanno Waldner und Marco Dott die Schicksalsgemeinschft aus arbeitslos gewordenen mittelenglischen Eisenindustrie-Arbeitern. Weil sie Geld und mindestens so vordringlich einen Testosteron-Ego-Schub brauchen, beschließen sie es – genauer: IHN – ihren und allen Frauen zu zeigen. In etwa eine Handspanne weiter als die Chippendales wollen sie gehen...
Nun, „Ladies Night“ lebt von netten Typen. Daran mangelt es nicht im Ensemble. Heikler ist es schon, die knappen Dialoge so rüber zu bringen, dass einen als von der Premierenheiterkeit nicht angekränkelten Zuschauer nicht das Fremdschämen überkommt.
Regisseur Thomas Enzinger setzt auf ausufernde Klischees, Stereotype – und auf enorm viel Lautstärke. Irgendwie fällt an diesem Abend jede Geste, jede Grimasse übertrieben aus. Aus vielen Einzelheiten kann man drauf rückschließen, dass dieses Ensemble deutlich mehr gefordert werden könnte und man ihm feinere Töne durchaus nicht erst abringen müsste. Marco Dott zeigt das quasi zwischen den Zeilen vor. Auch Axel Meinhardt hat genug Charisma, um sich gegen die sonst ziemlich mächige Holzhammer-Regie durchzusetzen. Wie heißt es so schön: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. In diesem Falle: Wenn man trotzdem kreischt. Auf denn!