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Der K.I.T.T. für die Ehe

WINTERFEST / CIRQUE AΪTAL

03/12/14 Warum bloß fällt mir der Mauerfall-Kultfilm „Go Trabi Go“ ein bei dieser Winterfest-Produktion? Ja freilich, da ist die Szene, da die Familie Struutz aus Ostdeutschland in Arkadien mit ihrem Spielzeugauto Geld verdient, indem sie ihn, auf durchaus zirzensische Art, zu Schau stellt…

Von Reinhard Kriechbaum

Der „Cirque Aïtal“ wäre zwar mit der Finnin Kati Oikkarainen, dem Franzosen Victor Cathala und ihrem gemeinsamen Hund schon ziemlich komplett – aber zur echten Zirkusfamilie schweißt sie erst das Auto zusammen. So einen Pracht-Kerl aus Blech (deutlich weniger Karton als bei seinem ostdeutschen Kollegen „Trabi“) muss man erst in der Familie haben! Ein gutes Tier. Gutmütig meist, nur das Autoradio neigt zu einem gewissen Eigensinn. In Knight Rider machte der rote Oldie des „Cirque Aïtal“ vielleicht nicht ganz so gute Figur wie sein Kollege K.I.T.T., da fehlen ihm doch die Worte. Und zugegeben, es hapert auch sonst an der Ausstattung. Aber auf Zuruf reagiert auch dieses Gefährt, pardon: dieser Gefährte. Er tritt bei Bedarf selbsttätig den Rückzug an. Oder er schließt dezent seine gelben Nebellicht-Augen, wenn das Paar traute Zweisamkeit zelebriert.

Diese, wir ahnen es, stellt sich nicht von selbst ein. „Pour le meilleur et pour la pire“ heißt die Produktion, das französische Pendant zum wenig optimistischen Spruch „In guten wie in schlechten Zeiten“. Und die Zeiten sind bös, wenn Oldie-K.I.T.T. statt an einen Strand in die Zirkusmanege rollt. Nicht nur wegen des geringen Bremsweges zur ersten Zuschauerreihe. Automobile Irrwege lösen nicht so selten nachhaltige Zerwürfnisse zwischen Fahrer und Beifahrerin aus. Er, Victor, der stämmige Bär mit dem Wuschelkopf, wäre eh gut zu haben. Aber Kati ist, sagen wir es vorsichtig, ein wenig reizbar. Wahrscheinlich täte Victor sie liebend gerne auf den Mond katapultieren, aber das schaffen nicht mal gut trainierte Zirkusleute. Also hilft nur, sich zu arrangieren. Geht mal besser, mal schlechter.

Hand-zu-Hand-Akrobatik ist die Spezialität dieses ungleichen Paars. Zwischendurch wird auch ein Auspuffrohr zweckentfremdet. Der Abstand zum Manegenboden wird mit dessen Hilfe deutlich größer, jener zum Mond nicht wirklich kleiner. Pech für Victor und Katie.

Aber in dieser poetischen Stunde des Nouveau Cirque erleben wir ja ein ganzes Wochenende en famille in der sandigen Arena-Pampa. Am Ende des Tages, spätestens in der Nacht, ist für die beiden ja doch Versöhnung angesagt. Wir halten ihnen die Daumen für weitere circensische Irrfahrten mit Happy End im dezent schummrig-gelben Scheinwerferlicht.

Aufführungen bis 6. Jänner – www.winterfest.at
Bilder: Winterfest / Magdalena Lepka

 

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