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Der schaffende Mensch in der Kammer

KAMMERSPIELE / HOMO FABER / WIEDERAUFNAHME

01/12/14 Vermischte Dimensionen, Zweckentfremdung von Requisiten und Graffiti – kurz Homo Faber. Die Geschichte um einen rationalen Mann der die Liebe entdeckt und dabei nur verlieren kann, feiert im Salzburger Landestheater ihre Wiederaufnahme mit einem Knall.

Von Nina Lichtenegger

Dieser Knall wird von der Hand des Hauptcharakters verursacht. Das Bühnenbild – Leonardo da Vincis vitruvianischer Mensch – wird zerrissen, die Hand hält eine Ausgabe von Max Frischs Roman Homo faber. Romane auf die Bühne zu bringen ist nicht immer einfach. Hätte Volkmar Kamm die ganze Geschichte erzählt, wäre er wahrscheinlich gescheitert. Die Rahmenhandlung bildet die erneute Begegnung der einst Liebenden Hanna Piper und Walter Faber.

In diesen Rahmen wird in Rückblenden das Kennenlernen von Walter mit seiner und Hannas Tochter Sabeth sehr geschickt verwoben. Das Hin- und Herspringen in den Zeitebenen ist an den Roman angelehnt, wurde aber bühnengerecht arrangiert. Im Stück wird ausschließlich der Originaltext verwendet, es wird nichts dazu gedichtet. Es ist bemerkenswert wie einfach und gut das alles funktioniert.

Homo faber wurde nicht in die heutige Zeit mit Smartphones und Laptops transportiert. Gespielt wird in den Fünfzigerjahren, wo ein Telefon noch ein Kabel hatte und der moderne Mann seinen Bericht auf der Schreibmaschine tippte.

Walter Faber wird von zwei Schauspielern dargestellt: Christoph Wieschke als den berichtenden Homo und Gero Nievelstein als den erlebenden Faber. Die beiden kommunizieren auch miteinander und durchbrechen so Raum und Zeit. Sie reden miteinander, diskutieren, streiten. Vor allem der berichtende Part muss seinen erlebenden immer wieder trösten, ihm die Krawatte binden oder ihm eine Zigarette anzünden. Der Facettenreichtum und die innere Zerrissenheit der Hauptfigur werden auf wunderbare Weise auf die Bühne gebracht. Die beiden ziehen sich an, stoßen sich ab und tanzen umeinander herum und beeinflussen sich gegenseitig wie Mond und Erde oder die Sonne und ihre Planeten. Mit solchen Raffinessen können auch Romane für die Bühne inszeniert werden, als wären sie von Beginn an fürs Theater gemacht worden.

Die Schauspieler sind hervorragend und vor allem Christoph Wieschke und Shantia Ullmann bringen mit ihrer Energie Homo faber zum Leben. Wieschkes Gestik und Mimik ist meist herrlich komisch und in den richtigen Momenten zurückhaltend um der Geschichte selbst den Raum zu geben den sie benötigt. So erntet er spontanen Applaus für seine Darstellung einiger Amerikaner. Denn Wieschke verkörpert nicht nur die eine Seite des Hauptcharakters, sondern auch kleine Parts – von Affen bis zum lispelnden Professor O. Shantia Ullmann bringt die quirlige, vitale, junge Elisabeth vom Roman heraus auf die Bühne und man schaut ihr dabei einfach gerne zu.

Diese Inszenierung eines der bekanntesten literarischen Werke des zwanzigsten Jahrhunderts ist mehr als gelungen und absolut empfehlenswert. Wer sie noch nicht gesehen hat – ab in die Kammer!

Homo Faber – weitere Aufführungen in den Kammerspielen des Landestheaters bis 16. Dezember - www.salzburger-landestheater.at

 

Dieser Text ist entstanden im Rahmen der Lehrveranstaltung „Palimpsest und Festplatte“ am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg.
Bilder: LT

 

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