Ein New Yorker Traumpaar wider Willen
KLEINES THEATER / RIVERSIDE DRIVE
15/10/14 Faulheit kann man Woody Allen nun wirklich nicht vorwerfen, beglückt der Meister des neurotischen Humors doch Kinofreunde seit Anfang der achtziger Jahre jedes Jahr mit mindestens einem neuen Film aus eigener Feder.
Von Christoph Pichler
Und nebenbei findet der Oscar-prämiierte Regisseur noch reichlich Zeit für weitere Fingerübungen – für den Jazz-Club, Zeitungskolumnen, aber auch das Theater. Einen solchen Bühnenschatz hat nun das Theater Miluna mit „Riverside Drive“ für das Kleine Theater ausgegraben.
Es ist wieder einmal neblig und regnerisch in New York, dennoch zieht es Jim Swain (Jurij Diez) an den Hudson River. Der typische Alan-Wiedergänger ist zwar als Drehbuchautor höchst erfolgreich, in Liebesdingen jedoch wieder einmal schwer überfordert. Nun soll mit seinem jüngsten außerehelichen Abenteuer aber endgültig Schluss sein. Doch statt seiner geheimen Geliebten empfängt Jim am Flussufer der obdachlose Fred Savage (Jurek Milewski), der gerade ein altes Kleid zum Tanz gebeten hat. Mit einer kleinen Geldspende lässt sich der redselige Störenfried aber nicht vertreiben, denn er ist nicht nur erstaunlich gut über Jim informiert, sondern beschuldigt ihn auch noch des Ideenklaus und fordert gleich Tantiemen und eine Erwähnung im Abspann seines letzten Films ein.
Der philosophisch beschlagene Störenfried wollte als promovierter Literaturwissenschaftler einst selbst die Schriftstellerlaufbahn einschlagen, landete aber als Schreiberling in einer Werbeagentur und glitt so langsam in den Wahnsinn ab. Zahllose Klinikaufenthalte und Elektroschocktherapien später vertraut er den Übertragungen vom Empire State Building mehr als seinem durchlöcherten Gedächtnis, hofft nun darauf, an Jims Seite neu durchzustarten. Die erste Bewährungsprobe steht dem frisch formierten Traumpaar mit der Ankunft von Barbara (Judith Brandstätter) bevor, denn die gedemütigte Geliebte will sich nicht so einfach abservieren lassen.
Schwarz-weiße Stadtimpressionen auf der Videoleinwand, eine auch als Telefon verwendbare Laterne und ein wenig Jazz reichen Regisseur Saeid Khosravani Farahani aus, um Woody Allens New York im Kleinen Theater spürbar zu machen (Bühne: Negar Saed). Darin liefern sich mit Jurij Diez und Jurek Milewski zwei Erzkomödianten ein Duell auf Augenhöhe, wobei Diez als zögerlicher Schlussmacher länger Zurückhaltung üben muss als Milewski, der als psychopathischer Penner von Beginn an Vollgas geben kann. Judith Brandstätter spielt bei diesem Zweikampf lediglich mit zwei Kurzauftritten Zündfunke.
Trotz nur knapp über einer Stunde Spielzeit kommen Fans von Woody Allens Humor bei „Riverside Drive“ voll auf ihre Kosten. Das liegt vor allem an den beiden Hautdarstellern, zwischen denen es ständig knistert und kracht. Mit dieser kurzweilige Kommödie lässt sich die Wartezeit auf das nächste Kino-Werk des Meisters zumindest ein wenig durchtauchen.