Klein genug für große Rollen
HINTERGRUND / ODEION / SOLER-TRILOGIE
21/02/13 Eine „sich Superweitausdemfensterlehnrisikogeschichte“, sagt Reinhold Tritscher, Theaterregisseur, Leiter des Theaters Ecce und künstlerischer Leiter des Odeion Kulturforums, über die Soler-Trilogie. Mit von der Partie: Wolfgang Kandler, ein Salzburger, der in Sibiu/Hermannstadt im Engagement ist.
Seit fünf Jahren ist Wolfgang Kandler, der aus dem Lungau stammt, an der Deutschen Abteilung des Nationaltheaters Radu Stanca in Sibiu im rumänischen Siebenbürgen tätig. „Eher zufällig“ sei er durch ein Gastengagement 2007 dorthin gekommen. Sibiu/Hermannstadt war damals europäische Kulturhauptstadt. An der Schauspielschule hatte er den Rat bekommen, er solle ein Engagement an einem Theater annehmen, das klein genug sei, um große Rollen auch Anfängern anzuvertrauen, und groß genug, um in der Theaterwelt wahrgenommen zu werden. „Da schien mir das Nationaltheater ‚Radu Stanca‘ der ideale Ort für ein Erstengagement zu sein.“ Die deutsche Abteilung hat elf festangestellte Schauspieler. Man produziert Klassiker ebenso wie zeitgenössische Stücke aus allen Genres.
Dem Berufsanfänger bot sich hier tatsächlich die Chance, in großen Rollen eingesetzt zu werden. Er spielte den Knecht Matti in Brechts „Puntila“ oder der Hauptrolle in „Some Girl(s)“ von Neil LaBute. Und, so erzählt Wolfgang Kandler, sei das „Radu Stanca“ ein Haus, das mit seinen Inszenierungen in der ganzen Welt zu Gast ist, „von Mexiko über Japan, von Deutschland über Luxemburg, Ungarn“.
Dort also hat Reinhold Tritscher im Jänner und Februar Esteve Solers „Gegen den Fortschritt“ inszeniert – ein Teil der Soler-Trilogie, die zur Zeit im Salzburger Odeion Halt macht. An der Zusammenarbeit mit dem Salzburger Theatermann schätzte er dessen präzise, klare, schnörkellose Arbeitsweise. „Er ist ein Regisseur, der gerne spannende klare Geschichten auf dem Theater erzählt“, so Wolfgang Kandler.
Warum Soler? „Weil sich ein Soler-Text gut tarnt! Die Texte kommen leicht und locker daher und dann trifft der Text genau ins Zentrum.“ Der Zuschauer erkenne sich selbst in den absurd zugespitzten Szenen, „ihm bleibt das Lachen im Halse stecken.“ Deshalb seien diese drei Stücke, für die man sich en bloc inklusive Pausen schon fünf Stunden Zeit nehmen muss, „ein Abbild unserer Gesellschaft wie wir es selten so präzise und pointiert auf der Bühne zu sehen bekommen.“ In der heutigen, unserer Alltagssprache sehr nahen Bühnen-Sprache des katalanischen Autors läge auch die Herausforderung für ihn als Schauspieler, so Kandler. „Man muss seine Texte prägnant und exakt wiedergeben, darf nicht Gefahr laufen selbst der Alltäglichkeit der Texte zu erliegen, muss jedes Wort so präzise setzen wie Soler es beim Schreiben gesetzt hat.“
„Gegen den Fortschritt“ wurde übrigens 2009 am Bayrischen Staatsschauspiel in München uraufgeführt. Esteve Solers Trilogie „Gegen die Demokratie", „Gegen den Fortschritt" und „Gegen die Liebe" wurde seit 2008 in neun Sprachen übersetzt und in fünfzehn Ländern bereits über vierzig Mal inszeniert. 2013 erhielt Soler für das surrealistische „Gegen den Fortschritt“ den Godot Prize für das beste zeitgenössische Stück des Jahres.
Der 1976 geborene Autor lebt in Barcelona und lehrt szenisches Schreiben an der Sala Beckett. “Die drei Stücke sprechen vom Gleichen, wie wir in unseren zeitgenössischen Gesellschaften die Menschlichkeit einbüßen”, so der Autor, der am vergangenen Wochenende bei der Salzburg-Premiere anwesend war. Die Trilogie ist im Odeion zum ersten Mal in Österreich als Ganzes zu sehen. Das Theater Ecce hat den Part „Gegen die Liebe“ übernommen.
Die rumänischen Zuschauer werden die Trilogie während des Hermannstädter Theaterfestivals im Juni als Ganzes sehen können. Das ist übrigens, man glaubt es kaum, das drittgrößte europäische internationale Theaterfestival. Ein paar klingende Namen für heuer sind Peter Stein, Peter Brook, Sasha Waltz. Man spielt mit der Soler-Trilogie also in der ersten Reihe mit.
Mit der Soler-Trilogie knüpfe er an die Festivals „Fremd in der Fremde“ (2012) und „Borderlines“ (2013) im Odeion an, erklärt Reinhard Tritscher. „Die im Original spanischen Texte sind fantastisch und ich bin stolz darauf, dass wir das überhaupt auf die Beine gebracht haben.“ Dazu braucht es logischerweise Partner, einen hat Reinhold Tritscher eben in der Deutschen Abteilung des Nationaltheaters Radu Stanca in Sibiu/Rumänien gefunden.
(Odeion / Theater Ecce / dpk-krie)