Fasching als Vorwand
KLEINES THEATER / POLT
14/01/14 Die Darstellung ernüchternder und allzu ehrlicher Banalitäten steigert sich von anfänglichen „Schenkelklopfern“ zu einer klugen Inszenierung, die nicht vor Ernsthaftigkeit zurückschreckt: „Gerhard Polts Fast wia im richtigen Leben“ mit Elisabeth Nelhiebel und Torsten Hermentin der Regie von Petra Schönwald im Kleinen Theater.
Von Oliwia Blender
Wer den bereits über 70-Jährigen bayerischen Satiriker Gerhard Polt kennt, dem ist auch seine in den 70er und 80er Jahren ausgestrahlte TV-Produktion „Fast wia im richtigen Leben“ nicht fremd: Es geht um Alltägliches, um Banales, Paradoxes. Das Leben selbst spielt hier die Hauptrolle und das kann schockieren. Da kann einem schon mal das Lachen im Halse stecken bleiben.
Die ausverkaufte Premiere am Freitag (10.1.) erinnerte zunächst an einen Faschingsball. Die Zuschauer tragen (wie im richtigen Leben) bunte Party-Hütchen. Aber natürlich nur in den ersten drei Reihen, der Rest musste sich mit billigen Pappbechern auf dem Kopf begnügen. Aber all das ist nur ein Regietrick, um das Publikum in komödiantischer Sicherheit zu wiegen. Tatsächlich handelt es sich um eine Farce auf den Fasching! Denn schon nach kurzer Zeit nimmt das Tempo zu und die Inszenierung ist mehr als nur das alte Ratespiel: „Wo is a denn?“
Die Figurendarstellung ist überzogen und doch (oder gerade deshalb) schonungslos ehrlich. Der sprachliche Humor des Bayern kennt keine Gnade, unter ihm leidet das Kleinbürgertum ebenso wie die Pseudointellektuellen, die Beamten ebenso, wie der Satiriker selbst. Denn was ist er denn nun wirklich, ein Produzent des Witzes oder doch der Vertreiber?
Ob Stammtischfaschisten oder globale Sinnfragesteller: Man gerät in Kontakt mit Menschen, die in ihrer eigenen Welt leben und dabei geschickt aneinander vorbei reden. Manchmal ist die Realität nur mit einer Übersprunghandlung ertragbar - Lachen dient dabei der Deeskalation.
Obwohl sich Polts Figuren – verdrießliche Beamte, besserwisserische Möchtegernintellektuelle, tierliebende Schicksalsgenossen, grantige Bedienungen, weltoffene Kannibalen, Gerichtsvollzieher, Aufsichtsräte und alle dargestellt von Elisabeth Nelhiebel und Torsten Hermentin - im Zeitalter des Videorekorders befinden, büßt das Stück nichts an Aktualität ein. Inkorrekte politische Äußerungen sowie Steuerrecht gibt es immer noch, auch Schnitzel mit Pommes. Und selbst das kann zu Konflikten führen!
Elisabeth Nelhiebel und Torsten Hermentin beweisen schauspielerische Flexibilität. Sie werfen sich förmlich von einer Rolle in die nächste. Es gibt wenig Zeit für die Transformation. Gestik und Mimik, sowie Stimm– und Sprachveränderungen lassen auf ein breites Repertoire darstellerischer Fähigkeiten und Kenntnisse schließen. Die Darbietung überzeugt in ihrer Ernsthaftigkeit und ist vor allem für Menschen empfehlenswert, die sich vor Banalitäten fürchten.