Ein Himmelfahrtskommando
WINTERFEST / DAVID DIMITRI
05/12/13 Davidchens Mondfahrt steht wohl bevor. Da heißt es Tüfteln, die Flugrichtung genau einschätzen. Ballistische Erfahrung ist unverzichtbar. Drum bedeutet David Dimitri auch den Zuschauern, die gerade vor dem Kanonenrohr zu sitzen gekommen sind, sicherheitshalber ein klein wenig zur Seite zu rücken…
Von Reinhard Kriechbaum
La Famiglia Dimitri war2007 beim Winterfest zu Gast. Nun ist der Schweizer David Dimitri allein da. Wie alle in seiner Dynastie ist er „L’homme cirque“ in Reinkultur – sie sind ja alle Zirkusmenschen schlechthin. „L’homme cirque“ heißt aber sein Programm, und das ist vielleicht Lebensmotto. Wahrscheinlich steht David Dimitri morgens auf und trinkt schon seinen Frühstückskaffe so, dass man rundum sitzen und ihn dabei mit größtem Vergnügen beobachten könnte. Das Schuhanziehen jedenfalls wird gleich zu Beginn des knapp einstündigen Programms schon zu einer kleinen, liebenswürdig verschrobenen Schau-Nummer…
Ja, die Mondfahrt: Die ist zwar nicht die letzte, aber wahrscheinlich die kräftigste Pointe an dem Abend. Obwohl man ahnt, was da kommt, ist es zu komisch, wie dieser Artist und Clown in Personalunion die umständlichen Vorkehrungen in Angriff nimmt. In der winzigen Manege des kleinen Zelts herrscht ja, sagen wir, ein gewisses kreatives Chaos. Viele Dinge stehen herum. Ein Pferd zum Beispiel. Disem klassischen Turngerät hat David Dimitri Kopf, Mähne und Schwanz verpasst. Das gute Tier, dem sein bereiter wie ein professioneller Pferdebetreuer die Beine klopft zum Aufwärmen, lässt sogar ein paar Rossäpfel fallen. Eigentlich erwartet man eine Jonglage, aber es kommt doch anders.
Zum Pferd gehört in diesem Programm ein Laufband. Von dem aus startet David Dimitri sein bewegtes Rodeo im heftigen Stillstand. In solchen Momenten wird man gewahr, wie bereitwillig man sich als Zuseher einlässt auf die circensische Imaginationskraft. Da gehört von Seiten des Künstlers Fantasie dazu und ein bißchen Chuzpe, vor allem aber viel persönliche Ausstrahlung. Auch wenn David Dimitri in diesem seinen Ein-Mann-Zirkusunternehmen alle Rollen selbst spielt: Er ist Chef de partie. Ein Zirkusdirektor, der sich selbst als Artist unter Vertrag hat (Salti auf dem Seil gehen jederzeit), der vor einem Seil-Kunststück selbst die Trommel rührt zum Spannungsaufbau, und der mit der Ziehharmonika sogar das Orchester imaginiert. Ja, Herr Dimitri ist natürlich auch der Schani, der die Geräte her- und wieder wegrrückt und der den Schalter für die Musik drückt.
Wie die Schleuderwippe funktioniert, wo doch nur ein Mensch artistisch vor sich hin werkelt? Kein Problem, da hängen schwere Ballast-Säcke. Aber Achtung, so was fällt einem auch leicht auf den Kopf, wenn man nicht aufpasst!
„L’homme cirque“ ist so etwas wie die Essenz des neuen Zirkus, wo körperliche Trainiertheit, technisches Können, Schauspielkunst und ein untrüglicher Sinn für Komik Hand in Hand greifen. Und am Ende … nein, das dürfen wir nicht verraten.