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Die Artistik der Plattitüden

LANDESTHEATER / THEATER 24 / BUTTERBROT

15/10/12 Teilen des Publikums scheint’s lustig genug zu sein, dass drei Herren mittleren Alters drei betrunkene Herren mittleren Alters spielen. Und es ist ja nicht so, dass die drei – Gabriel Barylli, Alfons Haider und Sascha Oskar Weis ihr Handwerk nicht gut verstünden.

Von Harald Gschwandtner

Gabriel Baryllis 1988 uraufgeführtes Stück nach dem gleichnamigen Roman gehört zu den erfolgreichsten Komödien der letzten Jahrzehnte. Kein Wunder, führt es doch Beziehungskonflikte und Sehnsüchte, Lieben und Leiden in bekömmlichen szenischen Happen vor. Für die Landestheater-Inszenierung hat Barylli den Text einer behutsamen Revision unterzogen, um den geschlechterkämpferischen Duktus an die Gegenwart anzupassen. Er übernimmt auch gleich mehrere Funktionen in Personalunion. Er ist Regisseur, Ausstatter und spielt eine der drei Figuren.

Eigentlich ist ein Abend zu viert geplant: Martin (Sascha Oskar Weis) und Stefan (Alfons Haider), überzeugte Junggesellen und Bewohner einer nicht immer harmonischen Männer-WG, haben ihren Freund Peter (Gabriel Barylli) samt Frau zu dessen 45. Geburtstag eingeladen. Curryhuhn soll es geben, weil man der Gattin einen Gefallen tun will. Doch es kommt anders. Ein Streit hat die Eheleute – wie sich später herausstellen wird: auf ewig – entzweit: „Ich bin ein freier Mann“, stößt Peter ein ums andere Mal noch außer Atem hervor – und freut sich offensichtlich auf einen deftigen Männerabend, der ihn Weib und Ehe vergessen lässt.

Aus dem Kammerspiels, in der sich drei Herren ihrer jeweiligen Lebens- und Liebesentwürfe vergewissern, ließe sich durchaus was machen. Leider ist das alles aber furchtbar fad und vorhersehbar. Und obwohl bei Barylli gebürtiger Wiener ist, erinnern die biederen Herrenwitzeleien erschreckend deutlich an das, was hierzulande als deutscher Humor aus dem Umkreis des ‚Comedy‘-Booms recht übel beleumundet ist. Mitunter hat es gar den Anschein, als habe Barylli bei der Aktualisierung seines „Butterbrots“ Anleihen im Mann/Frau-Wörterbuch von Mario Barth, dem privattelevisionär inthronisierten König mehrzweckhallentauglichen Machokomödiantentums, genommen.

Gut, dass im Laufe des Männerabends der Rausch Einzug hält: Mit der weinseligen Atmosphäre nimmt die Kalauerdichte ab, den mitunter hanebüchenen Text kann man jetzt dem Alkohol zuschreiben. Mit dem Wein werden die drei sentimentaler und philosophischer, schämen sich wohl auch ein wenig des misogynen Slangs, den sie zuvor von sich gegeben haben. Und doch folgt das Stück weiter den Mustern stereotyper Unterhaltung, deren Wendungen wohl nur ein recht unbedarftes Publikum ernsthaft überraschen können. Die harten Kerle offenbaren einen weichen Kern, beginnen von ihrer Angst vor dem Scheitern zu berichten und sehnen sich hinter machistischen Fassaden nach Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wer hätte das gedacht?

Alfons Haider ist die Rolle eines etwas affektierten und überemotionalen, aber doch liebenswerten und verletzlichen Schauspielers auf den Leib geschnitten. Muss man applaudieren, wenn der Showmaster die Bühne betritt oder einen harmlosen Scherz auf den Lippen hat? Bei Dancing Stars macht man das so. Gabriel Barylli nuschelt zwar, aber man nimmt ihm den zunehmend verzweifelten Ehemann ab. Und Sascha Oskar Weis, der sich als einziger dauerhaft verständlich artikuliert, überzeugt in der Rolle des Architekten Martin.

Zugegeben, im zweiten Teil des gut zweieinhalbstündigen Abends werden auch Stück und Handlung eingängiger. Dennoch wird das Spiel im zweckmäßigen, aber recht uninspirierten Bühnenbild auch jetzt weder poetisch noch lebensnah. Man turnt gekonnt von Stehsatz zu Stehsatz, von Plattitüde zu Plattitüde. So schwant einem schon Schlimmes, wenn Stefan immer wieder auf seinen Glauben an Horoskope zu sprechen kommt. Und tatsächlich: Auch den Witz, dass Martins neue Freundin „Jungfrau“ ist, lässt man nicht aus.

„Bühne 24“ heißt das Marionettentheater nun, wenn das Landestheater von nebenan darin gastiert. Zum feierlichen Beginn dieser Kooperation schickte man am Freitag (12.10.) eine „Starbesetzung“ zur Premiere von Gabriel Baryllis Erfolgskomödie „Butterbrot“ auf die Bühne. Man spekuliert mit dem Erfolg und kündigt nicht umsonst eine „Starbesetzung“ an. Mit Alfons Haider hat man wenn nicht gerade den faszinierendsten Charakterdarsteller des Landes, so doch eine Person öffentlichen Interesses engagiert. Aber Publikumslieblinge alleine noch keinen erquicklichen Theaterabend. Dem „Butterbrot“ fehlt – trotz heftigen Applauses – am Ende mehr als bloß der Belag.

Aufführungen bis 15. November - www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Landestheater / Jürgen Frahm

 

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