Multikulti unter Beschuss
ODEION / VERRÜCKTES BLUT
20/02/12 Eine Lehrerin. Eine Pistole. Fünf Schüler. Wer hat die Macht? „Verrücktes Blut“ heißt das Theaterstück, das Michael Kolnberger beim Theaterfestival „Fremd in der Fremde“ im Odeion Kulturforum in Hallwang inszenierte.
Von Iris Melcher
„Wieso versuchen Sie uns mit Gewalt beizubringen, dass Gewalt keine Lösung ist?“, fragt eine der Schülerinnen „mit Migrationshintergrund“ ihre Lehrerin Sonja Kehlich (Elisabeth Nelhiebel gibt Gas im Grenzraum der Kulturen und Gefühle). Zu diesem Zeitpunkt ist die Probe des Schülertheaters längst entgleist. Es geht um Schutzgelder, Kopftücher von islamischen Schülerinnen in Österreich und Machtspiele. Plötzlich taucht eine Pistole auf, und überfallsartig dirigiert die Pädagogin damit ihre Schüler.
Am ersten Abend des Theaterfestivals „Fremd in der Fremde“ am Donnerstag (16.2.) gab es also harte Kost mitten aus dem alltäglichen Multikulti-Kosmos, der sich als beklemmende Hölle erwies. Es ist kein schönes Fazit, das die Lehrerin über das Zusammenleben der Kulturen zieht. Sie erinnert an den Propheten Mohammed und seine „neunjährige Braut“. Ein Gewaltvideo am Handy taucht auf, fesselt alle Beteiligten noch mehr aneinander. Hasan (Benjamin Blaikner) ist das Opfer, vorläufig. „Machen Sie was, Frau Kehlich“, flehen die Schüler (Christine Winter, Anna Paumgartner, Jurij Diez und Alexander Lughofer), doch da hat die Lehrerin schon resigniert.
Mehr als der verstörende Inhalt wirkt in der kraftvollen Aufführung die Sprache selbst. Tüllin Pektas besorgte das deutsch-türkische Sprachcoaching, und die Verachtung der Kontrahenten kommt in den hingerotzten Beleidigungsfloskeln perfekt zur Geltung. Respekt vor diesem Theaterbrocken.