… aber ein rasendes Weib
KLEINES THEATER / SCHILLER - GANZ ODER GAR NICHT
24/06/11 Es fehlt es nicht an Zitaten, die man doch aus der Schulzeit kennt, vielleicht sogar auswendig zu lernen hatte, was in dieser Bühnen-Fassung manchen Besucher zu unbändigen Heiterkeitsausbrüchen reizt.
Von Ulrike Guggenberger
Gerard, der Dritte im Bunde, „fühlt sich heute Abend leger“. Die Schauspieler Daniela Gnoyke und Hannes Hochleitner zanken sich coram publico, wie denn nun das ganze Theater ohne seinen Part funktionieren soll. So ganz nebenbei schlüpfen sie in ihre Rollen, Meggie und Bruno. Im spielerischen Wechsel zwischen Daniela/Meggie und Hannes/Bruno packen die Beiden Schillers Gesamtwerk auszughaft in ein auf 90 Minuten gekürztes Paket. Mirjam Barthel, Armin Jung und Carl Philip von Maldeghem haben sich die Komödie „Schiller - ganz oder gar nicht" ausgedacht. Österreichische Erstaufführung war am Mittwoch (22.6.).
Franz Moor, Maria Stuart, Wilhelm Tell, Die Braut von Messina, Prinzessin Turandot, die Jungfrau von Orleans und wie sie alle heißen, kommen mit sparsamen, aus der Faschingskiste hervorgeholten Requisiten aus. „Werktreue“ sei angesagt, so wird ausdrücklich beschworen. Um in Wilhelm Tell dem Vogt möglichst echtes Volksgemurmel entgegenzusetzen, wird das Publikum - in zwei Chöre geteilt - bemüht. Gelingt perfekt im wechselweisen Rezitieren der Silbenkombination Roibos Tee und Gösser.
Daniela Gnoyke und Hannes Hochleitner finden nach anfänglichen (gemimten?) Geniertheiten immer lebhafter und furioser in ihr Spiel. Die Grenzen zwischen gewollten oder scheinbar ungewollten Pannen vermischen sich immer rascher und für das Publikum undurchschaubarer.
Unmerklich auch entwickelt sich ein beabsichtigtes Kräftemessen zwischen Mann und Frau, ein Abtasten althergebrachter Rollen, und Meggie muss sich zwischendurch mal immer wieder ihrer Haut wehren, ein spontaner Kuss von Bruno gehört dahinein. Zwischen: „Ich bin ein Weib, aber eine rasendes Weib“ (Amalie in den Räubern) und der Textstelle bei Johanna von Orleans: „... bis sie auf die Macht der Liebe trifft“, liegt das weite Spektrum weiblichen und männlichen Verhaltens.
Man mag den Abend durchaus über die Situationskomik genießen. Dazwischen tut sich ein schmaler Spalt auf Schillers Werk auf. Gerade soviel, dass man nachempfindet, wie zeitlos und daher aktuell Schillers Werk ist.
Unvermutet, zur Freude aller, taucht Gerard am Schluss doch noch auf. Ist er Gerard oder ist er Gerard Es, der Regisseur. Auch er hat also eine Doppelrolle. Sein Part als Gerard ist kurz, in seiner Person als Gerard Es übernimmt er die Aufgabe, Dank zu sagen an Veranstalter, Förderer, Schauspieler und Publikum.