Kater Merlin ist an allem schuld
KLEINES THEATER / ENGLISH DRAMA GROUP
31/05/11 Esmeralda Quipp ist achtzig und war einst eine große Schauspielerin. Mittlerweile reicht ihre kleine Pension aber nur noch für das Nötigste. Die Lösung ihres Problems? Ein Banküberfall! In „Welfarewell“, der diesjährigen Produktion der English Drama Group Salzburg, bekommt ein marodes Sozialsystem sein Fett weg.
Von Nina Ainz
Der Kater Merlin ist an allem schuld. Der stirbt an einem kalten Wintermorgen, und als Esmeralda ihn im Vorgarten ihres Vermieters begraben will, weil sie kein Geld mehr fürs Katzenkrematorium hat, schaltet dieser erbost die Polizei ein. So landet die schrullige alte Dame, die für jede Lebensphase ein Shakespeare-Zitat auf Lager hat, auf dem Polizeirevier beim gutmütigen Officer H.B. Hackett und stellt fest, dass das Leben im Gefängnis gar nicht mal so übel ist…
„Welfarewell“, ein Stück von der kanadischen Schriftstellerin Cat Delaney, ist eine Sozialsatire auf ein Gesellschaftssystem, das sich wenig um das Verbleiben ihrer älteren Mitmenschen schert. Wie hilft sich eine alte Frau, deren Pension kaum für ihre Medikamente reicht und der schon längst Warmwasser und Strom abgedreht wurden? Hinter der komischen Fassade steckt bitterer Ernst, doch der bleibt auch durchwegs gut versteckt. Letztendlich sind es die mitfühlenden Mitmenschen, die Esmeralda aus ihrer schwierigen Situation heraushelfen, und das ist auch Delaneys Botschaft: Gebt mehr Acht auf die anderen, aber auch auf euch selbst.
Michael Darmanin, langjähriges Mitglied der English Drama Group Salzburg und seit 2009 auch deren Leiter, bewies mit „Welfarewell“ wie schon im Vorjahr mit „Henry’s Wives“, dass er ein sicheres Händchen für hierzulande noch unbekannte Stücke von zeitgenössischen Autorinnen und Autoren hat. Delaneys Komödie ist schwungvoll und geprägt von liebenswerten Charakteren, die auf den ersten Blick ruppig wirken, aber das Herz am rechten Fleck haben.
Darmanins kurzweilige Inszenierung lebt von den Schauspielern, die jegliche Schrullen und Macken ihrer Charaktere überzeugend zum Ausdruck bringen. Sehr einfallsreich sind die zwei Banküberfallsszenen gelöst. Sie wurden in einer echten Bankfiliale gedreht und werden per Videoleinwand im Theater projiziert wurden – aus der Sicht der Überwachungskamera, in die Esmeralda zum Abschied fröhlich hinein winkt.
Sandra Pendlebury Lang ist die Rolle der Esmeralda Quipp auf den Leib geschneidert. Hinreißend komisch und mit ihrem unwiderstehlich britischen Englisch hat sie ab der ersten Minute alle Sympathien auf ihrer Seite. Ebenfalls großartig die Darbietungen von Martina Landl und Sarah Wagner als unflätig fluchende, aber liebenswerte Prostituierte Val und Penny Farthingale, deren Bekanntschaft Esmeralda im Gefängnis macht.
Kevin Bailey gibt den gutmütigen Anwalt Alfred David, dem die viel zu große Brille immer wieder über die Nase rutscht. Ihm nimmt man die schiere Verzweiflung über seine missliche Situation mit der unbelehrbaren Verbrecherin gern ab. Besonders komisch ist auch Mona Lobendanz als Judge Julius, der eine ausgeprägte Abneigung gegenüber schlampiger Grammatik hat und schließlich über Esmeraldas Schicksal entscheiden muss.
Vor der Sprachbarriere braucht man sich jedenfalls nicht zu scheuen: Die Darsteller sprechen bis auf eine (vermutlich gewollte) Ausnahme sehr verständliches Englisch, Jugendliche ab 15 Jahre werden kaum Probleme haben, dem Stück folgen zu können. „Welfarewell“ bietet gewohnt gute Unterhaltung von Salzburgs einziger englischsprachiger Laientheatergruppe, auf deren jährliche Inszenierung man sich immer freuen darf.