Kernseife und Theater vor Erfindung der Psychologie
SCHAUSPIELHAUS / RÜCKBLICK / AUSBLICK 2011/12
29/04/11 „Wir finden ihn ausgewachsen, rund und kräftig - den neuen Spielplan. Er umfasst das ganze Theater von der Antike bis zur Gegenwart, von der großen Klassik bis zum modernen Autorenprojekt.“ So Robert Pienz heute Freitag (29.4.) bei der Spielplanpräsentation im Schauspielhaus. „Alles, was ein anständiges Theater haben sollte. Darin liegt noch keine Auffälligkeit.“
Von Heidemarie Klabacher
Auffällig am Schauspielhaus sei aber, so Pienz, die extrem hohe Publikumsbindung: Im Vorjahr habe man 61.000 Personen gezählt. Im Jahr 2009 waren es noch 52.000. Einen Teil dieses Sprunges Gästen habe man zwar großteils auf Gastspielen erreicht, so der Schauspielhauschef, aber auch das hiesige Publikum sei angewachsen. Das Dreißigjahr-Jubiläum des Schauspielhaus-Freundeskreises spiegle ebenfalls die „Gewachsenheit dieser Einrichtung“. Ein „deutliches Bekenntnis für unsere Arbeit“ sieht Pienz in der neuen zweijährigen Fördervereinbarung mit dem Bund: „Im freien Bereich ist eine solche Förderung noch nie vom Bund vergeben worden.“
Neue Publikumsschichten auf neuen Wegen - mit SMS und Facebook nämlich - habe das Schauspielhaus in der auslaufenden Saison mit der Reihe „Drama en Suite“ im Radisson erreicht. „Das Hotel ist ein Glückstreffer. Leitung und Team mögen uns. Die genießen das sogar, dass wir da sind.“ Über das eigenwillige Format - maximal zwölf Personen bilden das Publikum in der Hotelsuite - habe man „auch Leute erreicht, die sonst nicht ins Theater gehen“.
Wenn wieder eine Suite im Hotel Altstadt Radisson Blu frei ist, wird das Schauspielhaus vom Hotel angerufen - und die Info gehe sofort auf Facebook. „Eingeschworne Fans wollen sogar per SMS verständigt werden“, so Pienz über den alternativen Ablauf. Zwölft Besucher? „Das kann und muss sich nicht rechnen! Der Spielplan für das Haus muss eine halbe Million Euro einspielen, sonst habe ich was falsch gemacht. Aber Drama en Suite muss das nicht.“ Schauspieler und Regisseure seien mit Vergnügen und Begeisterung kreativ für immer neue Theater-Miniaturen. „Drama en Suite“ wird in der neuen Spielzeit weitergehen.
Was kommt überhaupt? Mit „La Strada. Das Lied der Straße“ wird am 15. September die Spielzeit im „Studio“ eröffnet. Hier gehe es vor allem um den Poeten und Schriftsteller Fellini. Das umfangreiche „proletarische Liedgut Italiens“ („So etwas gibt es bei uns kaum, wurde möglicherweise vom Volkslied überwuchert“) werde ebenfalls eine Hauptrolle spielen.
Im Großen Saal wird mit großer Tragödie eröffnet: „Antigone“ von Sophokles hat am 21. September Premiere in der Regie von Thomas Oliver Niehaus. „Zehn Tipps das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen“ von Hallgrimur Helgason steht in einer dramatisierten Fassung ab 3. November auf dem Spielplan. Regisseur Peter Arp erarbeite derzeit die Theaterfassung mit dem Autor. Mit „Geschlossene Gesellschaft“, das am 22. November im Studio in der Regie von Christoph Batscheider Premiere hat, wird das Schauspielhaus auch auf Tournee gehen.
Sei „Zehn Tipps das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen“ eine vielschichtige schwarze „well made bad taste“-Produktion“, wird es sich bei „Unser Mann in Brüssel“ um eine „ausgewiesene Komödie auf höchstem Boulevard-Niveau“ handeln. „Ein Theater, dass nicht einmal im Jahr Komödie macht, macht auch was falsch“, so Pienz.
„Bartleby“ nach Hermann Melville steht als erste Premiere im Neuen Jahr am 25. Jänner auf dem Spielplan. Mit „Othello“ von Shakespeare steht auch wieder einmal Theaterstück auf dem Programm, mit „Geschichten aus dem Wienerwald“ am 26. April sogar ein Deutsches. Dazwischen gibt es noch am 7. März „Hysterikon“ von Ingrid Lausund, einer Fantasie über die Welt als Supermarkt: „Es gibt Kernseife zu kaufen, aber auch Lebensglück und ewige Liebe - ist aber teurer.“ Eine Österreichische Erstaufführung ist „In Marmor“ von Martina Carr am 15. Mai. „Liebe und Treue spielt sich sonst zwischen Zwanzig und Dreißig ab - hier trifft es die Generation 45+.“
Eine Sonderveranstaltung außer Abonnement ist das Stück „Eismann, Eismann“ vom Salzburger Othmar Eiterer an dem, so Pienz, gerade gefeilt werde.
Wiederaufgenommen wird „39 Stufen“: „Wir haben zweitausend offene Kartenwünsche. Wir spielen es acht Mal, dann können wenigstens siebenhundert kommen.“