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Gut, dass es Dvornichek gibt

SCHAUSPIELHAUS / RAUHE SEE

15/12/10 Ein Musical wirft das Autorenduo Turai und Gal in vier Tagen Atlantiküberfahrt von Southapmton nach New York locker aufs Papier. Das Problem ist Adam, der liebenswürdig-naive Komponist des künftigen Broadway-Knüllers ...

Von Heidemarie Klabacher

altAdam belauscht zusammen mit den Autoren ein heißes Tete-a-Tete zwischen Natascha und  ihrem Ex- und Bühnen-Liebhaber Ivor - und will sich logischerweise umbringen. Ein Steward, der es schafft, jeden - wirklich jeden - zu servierenden Kognak selbst zu kippen und innerhalb einer Nacht von der Landratte zum Seebären zu mutieren macht die Dinge auch nicht einfacher.

Tom Stoppard hat diesmal für seine boulevardesken Turbulenzen auf eine literarische Vorlage zurück gegriffen - auf Ferenc Molnárs „Spiel im Schloß“. Stoppard hat die Verwicklungen vom Schloss aufs Kreuzfahrtsschiff verlegt, die Lage damit im Wortsinn „auswegloser“ gemacht.

Robert Pienz setzt in der Österreichischen Erstaufführung die ausgeklügelten Verwicklungen mit unglaublich ruhiger Hand in Szene. Anfangs möchte man gar meinen, zwei Regietheaterautoren planen die Bühnenfassung der „Wahlverwandtschaften“ oder des „Buchs der Unruhe“ - so ruhig geht es zu zwischen Olaf Salzer als Turai und Marcus Marotte als Gal.

Aber nur solange, bis Dvornichek auftritt: Das ist der Kellner, der erst lernen muss, dass an Bord die Dinge anders heißen als an Land, dann aber den Seebären so richtig raushängen lässt. Oliver Hildebrandt gibt einen Steward, der mit größter Präzision größtes Chaos anrichtet. Er ist der geheime Spielleiter, der die verworrenen Stück-Fragmente der Profischreiber zu immer noch verwirrenderen Stücken zusammensetzt. Wir lieben ihn!

altNoch mehr lieben wir freilich Maximilian Pfnür als Komponisten mit Sprechhemmung und Liebeskummer. Sein geschlagener Ausdruck, seine Verzweiflung angesichts der ungetreuen Natascha lässt das Herz bluten. Dabei tut er gar nichts - außer sich herumschubsen und bevormunden zu lassen. Stille Töne, die Emotion in den Klamauk bringen.

Urständ’ feiern darf der Klamauk dann im zweiten Teil, wo die gefakte und in einer Nacht- und Nebelaktion verfasste „Balkonszene“ geprobt und dem Betrogenen als Textvariante serviert wird: Elke Hartmann und Antony Connor als Natascha und Ivor greifen armtief in die Klamottenkiste überständiger Schauspielkunst, werfen sich in Helden- und Tragödinnen-Pose, dass es eine Freude ist.

Die Ausstattung von Ragna Heiny ist unprätentiös im Stil der Dreißigerjahre gehalten. Das angedeutete Schiff wirkt wie von einem Plakat für eine Kreuzfahrtslinie vom Stapel gelassen. Fabio Buccafusco hat die Musik von André Previn für das Schauspielhaus adaptiert. Auch hier wurde mit Zurückhaltung und Understatement Wirkung gemacht. Klamauk mit Niveau.

Aufführungen bis 5. Februar 2011 - www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Eva-Maria Griese

 

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