Fröhliches Saurierschwanzwedeln
BIM BAM FESTIVAL / MY TAIL AND I
18/03/25 Im Lauf der Evolution haben wir den aufrechten Gang gelernt und bei der Gelegenheit den Schwanz abgeworfen. Warum nicht mal in die Gegenrichtung der Evolution gehen und neugierig in die Vergangenheit krabbeln und tanzen? Die polnische Produktion My Tail and I beim BimBam-Festival im Toihaus.
Von Reinhard Kriechbaum
Wir haben so ein Knochenrelikt, hinterwärts. Steißbein heißt es auf Deutsch wenig anregend. Eine Kleinkinder-Tanzproduktion um dieses unnötige Knochending, von dem man im Alter der Toihaus-Kundschaft noch nichts ahnt, sondern erst etwas mitbekommt, wenn man zu lange einem sitzenden Bürojob nachgeht? In der ersten halben Stunde haben die drei polnischen Performerinnen des Holobiont collective ihre eigenen Körper erkundet. Von dort, wo einst der Schwanz saß, nehmen ja verschiedene Körperteile ihren Ausgang. Deutlich beweglichere und attraktivere. Schließlich kommen die drei Damen auf die gummiartigen Saurierschwänze mit den elastischen Gurten. Die kann man um die Hüften legen, aber die Schwänze regen natürlich an, es auch anderswo am Körper zu versuchen. So entstehen die Phantasie anregende Fabelwesen. Im rechten Licht und mit der passenden Musik entfaltet das eine gewisse Poesie.
Schließlich landen die Schwänze bei den Kindern und auch bei den erwachsenen Besucherinnen und Besuchern. „Nikolaus“, ruft ein Kind spontan, als ein Vater den gummiartigen Saurierschwanz wie eine Zipfelmütze auf den Kopf setzt. Aber die meisten haben eh gleich durchschaut, wo die Dinger hingehören, und es beginnt ein kollektives Saurier-Krabbeln mit heftigem Schwanzwedeln. Spätestens bei gemäßigten Disco-Rhythmen im entsprechenden Licht tauen alle auf und beginnen zu tanzen. Auf Bewegungsanimation läuft die Sache hinaus.
Was man bisher mitnehmen konnte vom Bimbam-Festival, das noch knapp zwei Wochen (bis 28. März) in Stadt und Land allerlei internationale Gastspieler und Toihaus-Eigenproduktion bietet: Kleinkinder-Theater hat erfreulich wenig mit Pädagogik zu tun, dafür ganz viel mit Eigenbetätigung. Und mit Poesie sowieso. Da war zum Beispiel der Club Origami der Gruppe Seven Circles mit japanischen und britischen Künstlerinnen. Gefaltetes Papier taugt in dieser Kunst ja zur Imagination verschiedenster Lebewesen und Objekte. Da werden nicht nur Friedens-Kraniche draus, sondern auch Kleidungsstücke. Eine anregende papierene Tier- und Dingwelt, die im Toihaus genau so gut aufgehoben war wie – eine stimmige Idee! – im Österreichischen Papiermachermuseum im oberösterreichischen Laakirchen. Auch da waren die Kinder am Schluss zum Mittun eingeladen. Der Papierverschleiß war ansehnlich.
Aus Belgien kam die Produktion FeL. Licht an oder Licht aus? Zwischen Rabenschwarz und gleißender Helligkeit gibt es viele Spielarten, und wenn das Licht dann auch noch in unterschiedlichsten Formen daherkommt, sind die Augen sehr gut beschäftigt.
BimBam, das zehnte Internationale Theaterfestival für Klein(st)kinder, dauert noch bis 28. März – www.toihaus.at/bimbam-2025
Bilder: dpk-krie