Von der Einsamkeit der Liebenden
15 JAHRE THEATER PANOPTIKUM / JEDER NUR IN SEINER WELT
22/06/10 Wenn einmal der Metzger die Schuld hat, wenn in der Beziehung der Wurm drin ist, dann ist es wahrlich nicht mehr leicht für Mann und Frau, „ein Fleisch“ zu werden… „Jeder nur in seiner Welt“ heißt das Stück, mit dem das „Theater Panoptikum“ seinen 15. Geburtstag feiert.
Von Heidemarie Klabacher
Gar nicht witzig, nicht einmal heiter, diese „Geburtstagsproduktion“. Aber wie Gerda Gratzer nach der Premiere in der ARGE gesagt hat: Das Theater Panoptikum habe schon immer „Stücke für ein besonderes Publikum“ gespielt: „Für ein Publikum, das neugierig ist, das sich überraschen lässt.“ So war dieses Geburtstagspublikum von der scharfklingigen wechselseitigen Zerfleischung eines Paares weniger überrascht, als einfach begeistert.
Zu Recht. Vier Situationen - Bar, Zug, Bett und vermutlich Küche nach dem Wochenendeinkauf - vier Unmöglichkeiten, mit dem/der Anderen auch nur zu reden, ohne dass jedes Wort tiefe Wunden hinterlässt. Zwei Monologe, die die eigene Einsamkeit und die dicht gemachten Grenzen vor dem Körperterritorium des jeweils anderen nur noch stärker sichtbar werden lassen. Ein blutiges Ritual des Ausdrucks der Verzweiflung an sich selbst und am anderen, das in Metaphern und Bildern archaisch-kultischer Akte seinen Ausdruck findet.
So verstiegen, wie das jetzt klingt, war es bei weitem nicht, was Gerda Gratzer und Markus Kofler auf der Bühne aufgeführt haben. Es war vielmehr geradliniges schnörkelloses Theater, das Regisseur Arturas Valudskis auf die Bühne gebracht hat. Trotz - oder gerade wegen - der Reduktion der Mittel (auch der Ausstattung) entwickelte sich ein intensiver emotionaler Sog: Das Publikum konnte sich seiner - unfreiwilligen - Rolle als hilfloser Ansprechpartner der beiden Protagonisten nicht entziehen.
Die Situation dieses einen Paares, das für alle Paare steht, wird immer auswegloser. Die Eskalation findet dennoch nur im Kopf der Zuschauer statt. Ein starkes Stück Theaterarbeit - in jeder Hinsicht.
„Gesamt-Schau“ stecke im Wort „Panoptikum“, erinnerte Gerda Gratzer bei ihrem Dank an Mitstreiter und Publikum. Angefangen habe das Theater Panoptikum zunächst als Körpertheater. Die Sprache sei in diesen 15 Jahren erst langsam in den Mittelpunkt gerückt. Heute gäbe es zwar „viel mehr Worte“, so Gerda Gratzer. „Aber die erklären trotzdem nicht alles. Und unser Publikum weiß das zu schätzen.“
Eine Schau im Foyer der ARGE erinnert an die Stationen dieser Entwicklung einer längst unverzichtbar gewordenen Salzburger Theater-Institution.