Ein Körper, der pausenlos saugt und spuckt
HINTERGRUND / SEAD / BODHI PROJECT
27/04/10 "Bodhi Projeckt" - das ist die Postgraduate-Schiene im SEAD. Seit Herbst 2008 gibt es diese Initiative, die jungen Tänzerinnen und Tänzern, die ihre Grundausbildung bereits abgeschlossen haben, eine Brücke hin zum professionellen Berufsfeld des zeitgenössischen Tanzes bauen soll.
"Bodhi Project" ist als eigenständiges Postgraduate-Studienjahr in das Schulsystem von SEAD integriert. In mehrwöchigen Probenphasen arbeiten die Tänzer mit international renommierten Choreographen und bringen die Stücke in Salzburg, aber auch in anderen Ländern zur Aufführung. Oleg Soulimenko, Milli Bitterli, Keren Levi und Roberto Olivan sind die vier Choreographen, mit denen man heuer arbeitet. An zwei Abenden zeigt "Bodhi Project" heute, Dienstag (27.4.) und morgen, Mittwoch (28.4.) im republic neue Choreographien.
"Walking Chakras" heißt die Produktion von dem Russen Oleg Soulimenko, die auf esoterischen Vorstellungen gründet. Jedes "Chakra", so erklärt der Choreograph, entspreche einem bestimmten Bewusstseinszustand, das Herz-Chakra beispielsweise dem Mitgefühl, das "Dritte Auge" der Erkenntnis oder der "Solarplexus" dem Selbstwertgefühl. Oleg Soulimenko ordnet jedem Chakra eine Farbe und einen Song zu. Die musikalischen Stile variieren von psychedelischem Rock der 1970er über deutsche elektronische Musik der 1980er zu minimalistischen Elektrosounds und aktuellen Discoklängen.
Oleg Soulimenko lebt und arbeitet in Wien and Moskau. 1985 schloss er sein Bauingenieursstudium an der Bauman Moscow State Technical University ab und begann seine Arbeit als Tänzer und Choreograph. 1990 gründete er das Saira Blanche Theatre, mit dem er eine sehr ausgeklügelte und provokative Form der Tanzimprovisation entwickelte.
Tags darauf ist "Have you ever been close to a human?" von Milli Bitterli zu sehen. "Nicht die Form, sondern die Energie und Emotion der Tänzerinnen zeichnen eine dünne Linie zwischen Freude, Schmerz, Kontrolle und Einsamkeit" erklärt die unter anderem an der Ballettschule der Wiener Staatsoper ausgebildete Choreographin und Tänzerin. "Dunkle Begierden eignen sie sich ebenso an wie ausgefuchste Freuden. Mit der List des Spiels treiben sie sich gegenseitig in die Umarmung. Der Zusammenprall zeigt sich als Gefahr, Schöpfung, Unschuld und Verlangen. Es ist nicht der Wettstreit, der die Körper antreibt, noch die Verpflichtung. Es ist die Hingabe an die Bewegung mit gleichzeitigem Sichtbar-Machen des Arbeitsaufwandes eines Körpers, der pausenlos saugt und spuckt."
An Poesie fehlt es zumindest der Beschreibung nicht. Im Jahr 2000 gründete Milli Bitterli die Compagnie „artificial horizon“. 2001-2003 war sie die künstlerische Kuratorin für den Bereich Training und Workshop im Tanzquartier Wien. (SEAD/dpk)
SEAD wurde 1993 gegründet, laut Eigenbdefinition ist diese Ausbildungsstätte "eines der wichtigsten europäischen Ausbildungszentren für zeitgenössischen Tanz". Derzeit besuchen 120 Studierende aus 27 Ländern die unterschiedlichen Ausbildungsprogramme der Akademie – von der vierjährigen Undergraduate-Ausbildung bis zu den beiden einjährigen Postgraduate-Programmen für professionelle Choreographen (I.C.E. International Choreographic Exchange) und Tänzer (Bodhi Project). (SEAD/dpk)