Facebook, Chorprobe und Diskurse
12/03/10 „Gemeinschaft“? Verzopfter Begriff. „Community“? Da tun sich im Internetzeitalter gleich unzählige Perspektiven auf. Gemeinschaft, Ausgrenzung und Abgrenzung im web 2-0, in der Realität und anderswo im dritten Jahrtausend nimmt das „basics festival 2010“ in den Blick. Und es gibt einen Basics-Chor mit offener Chorprobe und Stimmbildung. Ganz real.
Von Heidemarie Klabacher
Der Plattenriese EMI hat „Mute Records“, das Label der „Einstürzenden Neubauten“, aufgekauft und den Vertrag nicht verlängert: „Darauf haben die Neubauten im Jahr 2002 die Fans aufgerufen, sie bei ihrem nächsten Projekt zu unterstützen. Über zweitausend Menschen haben damals die neue CD gemeinsam finanziert. So kann Community positiv wirken“, erzählt Cornelia Anhaus vom Projektteam „be part“ im Gespräch mit DrehPunktKultur.
35 Dollar haben die Fans seinerzeit überwiesen, dafür gab’s das „Supporter's Album #1“, Gelegenheit via Internet bei Proben der Neubauten dabei zu sein und mit den Bandmitgliedern zu chatten: Alexander Hacke von den „Einstürzenden Neubauten“ wird beim Basics-Festival 2010 „be part“ einen Vortrag in der Fachhochschule Salzbug halten.
„Basics“ wurde 2004 als Kooperation von ARGEkultur, der Galerie 5020 und dem Medienverein subnet in Zusammenarbeit mit dem Lehrgang MultiMediaArt
der Fachhochschule Salzburg ins Leben gerufen. „Basics ist ein Festival für aktuelle Kunstprojekte und theoretische Reflexionen“, an der Schnittstelle „neuer künstlerischer, medientechnologischer und gesellschaftlicher Perspektiven“. Das Festival versteht sich als „Forum für Kunst, Technologie und Gesellschaft“ und will eine kritische Diskussion anregen.
Im Vorjahr machte basics einen „Call“ zu diesem Themenkomplex, ausgewählte Projekte aus den Einreichungen werden heuer präsentiert: von 15. bis 20. März unter dem Motto „be part“.
Fragen, die ab Montag bei Performances, Diskussionen und einem Symposion in der Fachhochschule gestellt werden: „Was heißt Gemeinschaft im dritten Jahrtausend, im web 2.0, auf Facebook? Wo finden Ausgrenzung und Abgrenzungen zu anderen ‚Gemeinschaften’ statt.“ Oder: Was stellen soziale Netzwerke mit uns an? Was beeinflusst mich mehr, bei Facebook etwa: Das, was ich selber preisgebe oder das, was Facebook über mich preisgibt.“ Aber auch Fragen zur Technik werden gestellt, so Cornelia Anhaus.
„Blackbox“, das Projekt des „Guinea Pig Collective“ sei, so Anhaus, ein „schönes Beispiel dafür, wie mit neuer Technologie umgegangen wird“: In einem 2mal2mal2,5m-Kubus bewegt sich eine Tänzerin, mittels ausgetüftelter Technologie und Beleuchtung ergeben sich die Bilder für die Zuseher.
„Wie schnell man Teil von etwas wird, ob man es will oder nicht“, davon erzählt Verena Friedrich in der Galerie 5020 mit ihrer Installation „Transducers“: „Proben von menschlichem Haar werden zu Reaktionen angeregt, die dann Sounds erzeugen.“ Der „Gläserne Mensch im Blick der Wissenschaft“ also.
Dafür, „dass nicht alles nur im Internet abgehandelt wird“ (wie etwa das Projekt „Spamschleuder“, das im virtuellen Raum stattfindet wird), sorgt Peter Haas mit seinem Projekt „Theaterallergiker“. „Er hat sein Lieblingsprogramm für Salzburg zusammengeschnorrt, erzählt Cornelia Anhaus. Die Gruppen „United Sorry“ und „Theater im Bahnhof“ treten in der ARGE auf, die „Rabtaldrindln“ in der Galerie 5020.
2009 waren die basics-Verantwortlichen mit einer Publikation beschäftigt: „Letztes Jahr wollte sich basics mit dem output von so einem Festival beschäftigen und die Erträge über basics 2007/08 zum Thema ‚Guerilla’ in einer Publikation festhalten“, berichtet Cornelia Anhaus. Die Publikation „Was tun. Figuren des Protests. Taktiken des Widerstands“ wird bei der Festivaleröffnung am Montag (15.3.) präsentiert. Den Eröffnungsvortrag hält der Philosoph und Kunsttheoretiker Gerald Raunig.
Programmdetails und Info: www.basics-festival.net
Bilder: Bascis
Zur Leseprobe {ln:Vom Unerhörten sprechen}