Neuschöpfung mit Augenzwinkern
SZENE / PNEU / GERMINAL
14/01/14 Wie soll man in einem leeren Raum vorgehen, bei dem Versuch ein Universum neu zu erschaffen? Man beginnt nachzudenken. Man beginnt zu experimentieren. Man beginnt zu konzeptualisieren. Das Grundlegende tritt deutlich zum Vorschein. Momente des Scheiterns sind dabei unvermeidlich - und auch der Humor muss nicht zu kurz kommen.
Von Jana Winkelmayer
„Ich denke, also bin ich!“ So etwa kann man die Identitätskrise zusammenfassen, die folgt als sich drei Darsteller und eine Darstellerin erstmals der Auswirkungen ihrer Gedanken bewusst werden. Darauf aufbauend beginnt die Auseinandersetzung mit dem sprachlichen und gedanklichen Ausdruck in all seiner Vielfalt.
Im Rahmen des Festivals „Performing New Europe“, das von der SZENE Salzburg zwischen 13. und 18. Jänner veranstaltet wird, haben Antoine Defoort und Halory Goerger mit ihrem Stück „Germinal“ am Montag (13.1.) im Republic den Anfang gemacht. Ihre Präsentationsformate bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Lehre, Performance und Fantasie, und sie laden das Publikum zu einer Reise ein: „We can make concepts exist. - Wir können Konzepte erschaffen.”
Wie Kinder, die sich dem ersten Ertasten ihrer Umwelt widmen, tappt die Künstlergruppe erst mal im Dunkeln und nähert sich auf naive Weise ihren Handlungsmöglichkeiten an. Über die körperliche Ebene und das Spiel mit technischen Hilfsmitteln wird Sprache erfahrbar. Konzepte entstehen, die als Mindmaps an den ansonsten fast leeren Bühnenraum projiziert werden. Der Versuch einer Strukturierung dieser Gedanken scheitert an den begrenzten Möglichkeiten zur Kategorisierung. Bruchstellen werden so sichtbar. Vorgegebene Ordnungen augenzwinkernd in Frage gestellt.
Ganz allgemein wird Spaß bei dieser Performance großgeschrieben. Ein Witz jagt den nächsten und manchmal scheint sich die Aufführung in der Leichtigkeit zu verlieren und den dramaturgischen Bogen zu überspannen. Die großen Themen der Menschheitsgeschichte werden wild durchstreift und zu einem breitenwirksamen Event verarbeitet. Dabei gelingt es, das komplexe Konzept intelligent zu vermitteln, was tiefe Befriedigung beim Publikum erzeugt.
Was ist das Ziel dieses Abends? „To create a series of events, answering to coherence criteria regarding space and time”, also „Eine Reihe von Ereignissen zu erschaffen, die auf kohärente Kriterien von Raum und Zeit Bezug nimmt.“ Auf die eher trockene Vorgabe folgt ein vielfältiger Streifzug durch die Welt der Geschichte, Physik, Technologie und der sozialen Beziehungen. Handlungsräume werden ausgelotet, Zwischenmenschlichkeit verdichtet.
Das Kollektiv macht sich die Bühne brachial zu Eigen. Technologien erschaffen neue Realitäten oder werden zur Quelle von Täuschungen. Das Publikum nimmt von Anfang an Anteil an dem unmittelbaren Entstehungsprozess der Performance und kann am Schluss sogar im fulminanten Ende der Darstellung aufgehen, wenn die Künstlergruppe die chronologische Abfolge des erarbeiteten Konzeptes noch einmal Revue passieren und unter musikalischer Begleitung ausklingen lässt.