Pilger, Verführer und ein Trunkenbold
HINTERGRUND / GLUCK FORSCHUNGSSTELLE
11/07/13 Es ist bekanntlich nicht alles nur Mozart in Salzburg, auch nicht in der Musikwissenschaft am Ort. An der Universität Salzburg beispielsweise gibt es eine Gluck Forschungsstelle. Glück, wenn das, was man dort an Noten editiert, auch wirklich den Weg auf die Bühne findet. Aufführungen in Berlin und Moskau.
Von Reinhard Kriechbaum
Dieser Tage hatte an der Komischen Oper Berlin Glucks Ballettkomposition „Don Juan“ Premiere. Sibylle Dahms, Leiterin der Gluck-Forschungsstelle, habe die Anregung gegeben, heißt es in einer Presseaussendung. Bisher galt die Langfassung als die originale Form des Werks, doch Sibylle Dahms hat die Kurzfassung als die Version der Uraufführung (1761 im Wiener Burgtheater) identifizieren. Diese wurde nun von dem Choreografen Giorgio Madia, der u.a. bereits mehrfach für die Choreographien der Balletteinlagen des Wiener Opernballs sowie des Life Balls verantwortlich war, in eine eigene Ballettkreation eingebracht.
„Don Juan“ gilt als einer der ersten Versuche damals, das Ballett zu reformieren, den der Tänzer und Choreograf Gasparo Angiolini gemeinsam mit dem Komponisten Christoph Willibald Gluck anstellte. Ziel war es, ein eigenständiges Handlungsballett zu schaffen und den Tanz von seinem Divertissement-Charakter zu befreien. „Don Juan“ ist in der Gluck-Gesamtausgabe publiziert.
Sibylle Dahms ist es auch gelungen, zwei russische Jugendtheater für Werke von Gluck zu interessieren: Das Jugendprogramm des Bolschoi-Theaters Moskau (eine fest in den Opernbetrieb integrierte Institution bestehend aus jungen, fertig ausgebildeten Sängern) wird im Herbst 2014 die Opéra comique „L’ivrogne corrigé“ realisieren. „Der bekehrte Trunkenbold“ – das passt wohl gut ins Land des billigen Vodka…
Für das Kindermusiktheater Moskau – eine über Russland hinaus bekannte Institution – wäre ein solcher Inhalt grundfalsch. Dort hat man sich für die Glucks Oper „Le cinesi“ entschieden. Sie wird im Dezember 2013 aufgeführt.
Wie berichtet, hat auch das Salzburger Landestheater in der kommenden Saison Gluck auf dem Spielplan: Am 27. Oktober hat hier die Komische Oper „Die Pilger von Mekka“ Premiere, dirigiert von Adran Kelly und in der Regie von Jacopo Spirei (der hier schon „Don Giovanni“ und „Cosi fan tutte“ inszeniert hat). Das zwanzig Jahre vor Mozarts „Entführung aus dem Serail“ komponierte Werk hat eine in weiten Zügen identische Handlung. Gluck arbeitete damals als Kapellmeister des Französischen Theaters in Wien und steuerte zu Vaudevilles – volkstümlichen Singspielen mit aktuellen Zeitbezügen – eigene Kompositionen bei. In diesem Zusammenhang sind auch die „Pilger von Mekka“ zu sehen. Die letzte Aufführung dieses Werks in Salzburg liegt gut dreißig Jahre zurück, es war bei einem „Fest in Hellbrunn“ im Steintheater. (Gluck Forschungsstelle)