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Von der französischen Sisi

LANDESTHEATER / BALLETTABEND / MARIE ANTOINETTE

17/12/12 Monsieur Guillotine führt seine Erfindung, das auf senkrechten Schienen laufende Hackbeil, den Höflinge vor. Einer hat eine Puppe bei der Hand, die der Königin Marie Antoinette verdächtig ähnlich sieht. Zum Gaudium aller, auch der Königin selbst, wird das Ding geköpft.

Von Reinhard Kriechbaum

Einen Akt später wird die Sache Realität sein, aber bevor das Bühnenblut in effektvollen Bahnen über die schiefe Ebene rinnt, wird die französische Königin, Tochter von Marie Antoinette, nochmal zu einem großen Solo anheben, zur Musik der Piaf: Non, je ne regrette rien…

Ein Wunder eigentlich, dass Marie Antoinette erst jetzt auf die Agenda der großen „Ballett-Monographien“ von Peter Breuer gekommen ist. Der Stoff gibt Erzählstoff in Menge her: Als Vierzehnjährige wurde die Habsburger-Prinzessin heiratspolitisch verschachert an den französischen Hof, wo ihr künftiger Gemahl, der Dauphin Ludwig, gewisse Fantasieprobleme hat, was er mit der jungen Dame im Schlafzimmer anfangen soll. Nebenan turtelt sein Vater, Ludwig XIV. mit seiner Mätresse Madame Dubarry. In Szenen wie diesen ist logischerweise die gesamte Bandbreite tänzerischen Ausdrucks drin. Anna Yanchuk ist zur Zeit die Primaballerina in Peter Breuers wunderbarer Gruppe. Cristina Uta – darf man sagen: die hoch aktive Senior-Chefin in der Compagnie? – hat als Madame Dubarry in dieser Episode ganz starke Momente. Vladislav Koltsov ist Ludwig der XV., Josef Vesely sein Vater.

Wie schwer es Marie-Antoinette fällt, sich in die französische Hofetikette einzufinden, ist für ironische und burleske Szenen mit den Hofdamen (Kate Watson, Kristina Kantsel) gut. Als Madame Laballe hat Eriko Abe, wenn’s politisch brenzlig wird im Staate, eine ebenso einprägsame Rolle spielen wie Asher Smith in der Rolle des Axel Graf von Fersen. Den hat es als Protegé und Geliebten der Königin tatsächlich gegeben.

Das Leben der unglücklichen Königin also (warum reden bloß alle immer nur von Sisi?) wird in reizvollen Details nacherzählt. Die Tanz-Show wirkt opulent und ist stilistisch aus einem Guss. Peter Breuer ist bei seinen Tänzern ja immer das tragfähige klassische Fundament wichtig. Spitzentanz ist allemal praktikabel, um die höfische Geziertheit auszudrücken, und „moderne“ Elemente für alles, was für die Gefühlswelt steht. In dieser Symbiose stützt die Musik ungemein: Eduardo Boechat hat ein Arrangement geschaffen, in der Barockmusik oft herauskippt aus dem ihr eigenen Idiom. Manchmal kommt auch Musik ins Spiel, die erst nach der Ära Marie-Antoinettes komponiert wurde: Der Walzer-Satz aus der „Symphonie fantastique“ von Berlioz ist denkbar duftigster Untergrund für ein Maskenfest, in der sich Marie-Antoinette und Axel von Fersen so recht nahe kommen. Hübsch auch, wenn das Boccherini-Menuett in die Berlioz-Symphonie hinüber kippt, wenn Monsieur Guillotine seine Erfindung enthüllt.

Die nächste Aufführung ist morgen Dienstag (18.12.), im Salzburger Landestheater bleibt der Ballettabend die ganze Saison hindurch (bis 16.6.2013) im Programm. – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Salzburger Landestheater / Jürgen Frahm

 

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