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Doppelte Böden im Land des Lächelns

GROSSES FESTSPIELHAUS / LAND DES LÄCHELNS

11/01/12 Das „Operettentheater Salzburg“ der Firma Schlote beweist auch in einem so opernhaften Stück wie Franz Lehárs „Das Land des Lächelns“, dass es gute Arbeit leistet und Zukunft hat – wenn auch nicht unbedingt im Großen Festspielhaus.

Von Gottfried Franz Kasparek

altLehárs „romantische Operette“ würde in den Riesenraum schon passen, säße ein großes Orchester im Graben und tönten große Stimmen von der Bühne. Der Dirigentin Katalin Doman ist es immerhin gelungen, ihre kleine Schar zu recht differenziertem Spiel anzuhalten. Sie kann auch mit den Sängern atmen, hat das Gespür für die Walzereinlage „Gold und Silber“ im ersten Akt und bemüht sich redlich, die Verismo-Elemente, ungewöhnlichen Dissonanzen und schillernden Farben der Partitur zum Vorschein zu bringen. Zumindest von der 6. Reihe Parkett aus klang das meist sehr ordentlich.

altSchön, dass man sich für das Original entschieden hat, mit der in Exotismen schwelgenden „Verleihung der Gelben Jacke“ und einem Großteil der Ballettmusik im zweiten Akt. Monica Fotesca-Uta hat für eine nette choreografische Bebilderung gesorgt. Auf der Bühne tummeln sich ein gottlob eher dezenter Obereunuch (Manfred Schwaiger), ein würdiger Onkel Tschang (Daniel Ferlin) und auch sonst liebenswürdige Comprimarii und das, was man, durchaus professionell, im Tourneetheater Chor nennt.

Schwieriger wird es bei den Hauptrollen. Zwar ist Anna Takenaka eine reizende Prinzessin Mi mit kleiner, aber gut geführter Soubrettenstimme, zwar vermag Christian Bauer den Gustl mit Gusto zu spielen und zu singen, doch die deutsche Sopranistin Patricia Nessy als Lisa und der philippinische Tenor Abdul Candao als Sou-Chong, typmäßig perfekt eingesetzt, stoßen mit ihren hübschen, aber unausgeglichenen Stimmen häufig an Grenzen, die etwa im Stadttheater Steyr nicht so spürbar sein werden. Sympathisch sind alle vier in ihrem intensiven Spiel – und damit wären wir bei der Regie, welche die Produktion wirklich sehenswert macht.

Lucia Meschwitz ist eine routinierte Regisseurin in diesem Genre, das ist bekannt aus Wien und Baden. Sie kann den ersten Akt in einer gelungenen Balance zwischen Spieloper und an Schnitzler erinnernder Wiener Komödie halten, alle Pointen erzeugen Stimmung und Lacher, dahinter schimmert Wehmut. Dass das „Land des Lächelns“ kein Rührstück mit schönen Weisen sein muss, sondern packendes Musiktheater über den Zusammenprall von Kulturen sein kann, haben zuletzt Regisseure wie Peter Konwitschny in Berlin oder Leonard Prinsloo in Bad Ischl mitreißend bewiesen.

altLucia Meschwitz arbeitet die auch in Zeiten der Globalisierung vielerorts brennende Problematik einer unmöglichen Liebe zwischen „Ost und West“ fein heraus, ohne in diesem Rahmen die Radikalität der Genannten erreichen zu können. Natürlich findet China auf der Bühne statt, aber zwischen den in Dreiecksform auggestellten Schwingtüren rund um einen Buddha-Tempel im Bühnenbild Christina Sadjina-Höfers und mit den nicht allzu bunten Kostümen Gerlinde Höglhammers ereignet sich glaubwürdig durchgestaltetes Kammerspiel.

Wenn Sou-Chong seine vier Mandschu-Damen ehelichen muss, wenn er während seiner Arie „Dein ist mein ganzes Herz“ herzzerreißend um das Verständnis Lisas wirbt, wenn er im Finale zwischen Versteinerung und öffentlichem Leiden schwankt, wird die Geschichte zur leider zeitlosen Parabel, für die China nur das Kolorit abgibt.

Die Atmosphäre wird im Finale immer bedrohlicher, die komischen Einlagen werden immer doppelbödiger. Die gelungene Flucht der Europäer am Ende wird szenisch nicht in Frage gestellt. Doch die Musik, deren erstaunlich scharfe Kontraste weder Regisseurin noch Dirigentin überhören, lässt nicht bloß traurig lächeln, sondert viele Fragen offen.

Bilder: Schlote/Operettentheater Salzburg

 

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