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Mensch und Maschine

PODIUM 2010 / LITERATURAUTOMAT, VERSUS

23/03/11 Derzeit werden an allen möglichen Orten in Stadt und Land jene Projekte umgesetzt, für die kreative Salzburger Geister Förderungen auf der Förderschiene "Podium" bekommen haben. Zwei Facetten: Die "Literaturmaschine" und die Tanzaufführung "Versus".

Von Reinhard Kriechbaum

altNormale Reisepass-Fotoautomaten stehen eher in Nischen oder Hausfluren, nicht so zentral wie jüngst mitten am Platzl der "Literaturautomat". Er ist auch ein wenig größer als die Box, die Fotos ausspuckt, die nur mehr sehr bedingt im EU-Raum als Lichtbilder akzeptiert werden. Aber es geht hier ja auch um etwas ganz anderes, auch wenn die "Session" damit beginnt, dass ein Foto gemacht wird. Dann heißt es warten. Im Verborgenen waltet nicht nur eine Polaroid-Kamera ihres Amtes, auch ein echter Dichter oder eine Dichterin sitzen bereit. Er oder sie werden demnächst etwas Poetisches hinten aufs Foto schreiben und durch den Schlitz hinausreichen.

"Literary portraits spontaneously written for you" steht auf einer Werbepostkarte. Aber die Sprache führt in die Irre: Thomas Ballhausen, Augusta Laar, Jörg Zemmler, Sophie Reyer und Judith Pfeifer dichten auf Deutsch. Das Englisch ist wohl nur Mode. Sie tun abwechselnd Dienst in der "Literaturmaschine", denn einen ganzen langen Arbeitstag durchzudichten, wäre für einen Poeten wohl reichlich viel verlangt.

altJudith Pfeifer, eine in Wien lebende Oberösterreicherin, hat sich die "Literaturmaschine" ausgedacht und vor Salzburg auch schon bei den Erich-Fried-Tagen 2009 ausprobiert. Es sei ihr um eine ungewöhnliche Direkt-Begegnung zwischen Literaten und Publikum gegangen, sagt sie im DrehPunktKultur-Gespräch. Ob Salzburger Fördermittel wirklich zielgerichtet investiert werden, wenn ein solches Projekt dann eh schon anderswo stattgefunden hat und obendrein vom Kulturministerium (und von der Firma Kleiderbauer) mitbezahlt wird? Immerhin: Man bekommt von der "Literaturmaschine" etwas, ohne erst Euro-Münzen in einen Schlitz stecken zu müssen.

Auch der Tanzabend "Versus" am vergangenen Donnerstag (13.3.) in der ARGEkultur segelte unter dem Podium-Segel, obwohl man den Hinweis drauf im aktuellen Podium-Programmheft vergeblich sucht. Robert Praxmarer und Reinhold Bidner, die sich als Künstlergruppe "1n0ut" nennen, haben dafür schon 2009 einen Podium-Preis bekommen. Ihr Projekt ist technisch aufwändig und die Umsetzung hat deshalb ein Jahr länger gedauert.

Die Bewegungen einer Tänzerin werden von einer Live-Kamera aufgezeichnet. Praxmarer und Bidner verwandeln diesen Input augenblicklich mit Computerunterstützung in virtuelle Figuren, die sich dreidimensional im Raum bewegen. Das Publikum trägt 3D-Brillen. Diese virtuelle Balletttruppe kann aus Strichmännchen bestehen oder auch "Fleisch" bekommen. Entscheidend ist, dass Mensch und Maschine zeitgleich arbeiten. Ist die Maschine perfekter als die Tänzerin (Nanina Kotlowski)? Die Sache geht haushoch für das Körpertheater der Dame aus, aber tatsächlich ist sie "Vortänzerin" einer virtuellen Compagnie, die mit ein wenig Zeitverzögerung auf sie reagiert. Interaktion, Herausforderung der Technik, womöglich gar dereinst eine Verselbständigung der künstlichen Tanz-Intelligenz: Das wären Fernziele dieses Projekts. Effektvoll ist es jetzt schon, und Technikfreaks hätten vermutlich Dutzende Detailfragen, wie man das macht.

Die Podium 10-Projekte und die Aufführungstermine: www.podium10.at
Bilder: dpk-krie (2); www.1n0ut.com (1)
Zum DrehPunktKultur-Vorbericht Frisches aus der kreativen Kultur-Küche

 

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