Muskelmaxe und Zaubermädchen
WINTERFEST / CIE AKOREACRO
09/12/10 Das Debüt des französischen „Cie Akoreacro“ war ein weiteres Highlight beim Winterfest. Georg Daxner weiß, lustvoll aus dem schier unendlichen Reservoir an Akrobatengruppen aus Frankreich zu schöpfen. Der jüngste Streich ist zugleich Paradebeispiel und Anregung für Daxners Idee einer in Salzburg zu gründenden Akrobatenschule.
Von Horst Reischenböck
„Pfffffff“ - mit sieben „f“ - war eine mehrfache Premiere im Rahmen des zehnten Winterfests: Am Mittwoch (8.12.) wurden erstmals alle vier im Volksgarten aufgestellten Zelte gleichzeitig bespielt. Der Reinertrag des Abends im Circuszelt wurde der Aktion „Licht ins Dunkel“ gespendet. Und die Artisten des Cie Akoreacro, ausgebildet in Belgien, Schweden und Russland, begeisterten mit ihrer Performance.
Der Titel ist nicht seltsam, sondern klangmalerisch: „Pfffffff“ macht eine Champagnerflasche beim Öffnen, oder eines Feuerwerks beim Zünden. Nichts hat es damit zu tun, dass den Akteuren auch einmal die Luft ausgehen könnte. Obwohl: Kräfte zehrend ist es allemal, was sich diese Künstler an körperlichen Anstrengungen aufbürden.
Zunächst erscheinen nach und nach ihrer sieben Herren. Klarinettist und Pianist Guilhem Fontes wird am Fuß hereingeschleift. Mit ihm zusammen liefern Guillaume Thiollière am Akkordeon (hier versteckt sich auch der Gruppenname), Gitarrist Mathieu Santa-Cruz und Boris Vassallucci an Geige und Schlagzeug die abwechslungsreiche akustische Folie. Gelegentlich auch „verbal mikrofon-musikalisch“.
All das passiert quasi als Einstimmung in der Szenerie aus kaum mehr als wenigen Holzkästen und einer Kabelrolle.
Dann - kraftvoll maskulin - kommt die Muskeln strapazierende Akrobatik von Basile Narcy, Maxime Solé und Romain Vigier: Grandios, choreographisch präzise. Einer der vielen Höhepunkte: die Trapeznummer. Das Faszinierende: bei aller Muskelkraft wird das alles locker und leicht serviert - voll Understatement.
Bis die zarte Claire Aldaya mit einem schmalen Koffer auftritt. Sofort - wie nicht anders zu erwarten – kommt es Balzverhalten und Imponiergehabe der Männer, die die Künstlerin nicht nur auf Händen tragen, sondern herumwirbeln, in die Höhe und einander zu werfen. Claire Aldayas Sprünge und Salti - vor- und rückwärts, mehrfach geschraubt - sind dann schlicht und einfach atemberaubend.
Erzählt wird solcherart eine Art Märchen, entlang der Idee, dass es in China sieben Mal mehr Männer als Frauen gibt. Angereichert ist die Geschichte mit humorvollen Einsprengseln, die durchaus auch von den Kindern im Publikum verstanden werden. Auch die Poesie kommt nicht zu kurz: Wenn etwa ein kleiner Ball nur vorgeblich in die Luft geworfen wird und alle Beteiligten wartend nach oben blicken. Oder gar, wenn das Jonglieren von Kegeln die Dame endlich doch zu einem ersten scheuen Kuss veranlasst.
Fünfundsiebzig Minuten lang wird technisch an sich Bekanntes begeisternd neu und reich variiert. Standing Ovations.