… dass wir unseren Mozart nicht verschandeln
HINTERGRUND / INSTITUT FÜR MOZARTINTERPRETATION
01/10/19 Ein Opernabend, eigentlich mit bitterem Beigeschmack: Heute Dienstag (1.10.) wird im Solitär der Universität Mozarteum das Singspiel Die Ährenleserin von Michael Haydn aufgeführt. Es ist die letzte Kooperation zwischen der Salzburger Hofmusik und dem Institut für Mozartinterpretation – dieses wurde nämlich mit Ende September aufgelöst.
Von Reinhard Kriechbaum
Das Rektorat habe „beschlossen, dieses Institut mit heutigen Tag zu schließen – ohne dass bis jetzt irgendein Ersatz dafür geschaffen wurde“, sagt Wolfgang Brunner, der diese verdienstvolle Einrichtung zuletzt leitete. „Das Institut hatte vor allem die vokale Aufführungspraxis Mozarts und seines Umfelds – zum Beispiel heute Abend Michael Haydn – im Fokus“, erklärt Brunner. Es habe eine wertvolle Ergänzung zum Kanon der Ausbildung gebildet und war ein wichtiger Repräsentant der Mozartkompetenz der Universität Mozarteum weit über Europa hinaus. „Damit ist jetzt also Schluss“.
Gründer der Einrichtung war vor fünfzehn Jahren der damalige Universitätsprofessor für Musikdramatische Darstellung und langjährige Leiter der Opernabteilung, Josef Wallnig. Zuerst hieß es Mozart-Operninstitut, man beschäftigte sich mit aufführungspraktischen Fragen. Später hatte der damalige Rektor Siegfried Mauser „eine sehr gute Idee“, nämlich ein Institut für Mozartinterpretation zu gründen, so Josef Wallnig im DrehPunktKultur-Gespräch. Da wäre also die Einrichtung von Sub-Instituten möglich gewesen, für unterschiedliche Bereiche. Solche einzurichten, dazu ist es allerdings gekommen, die Sache wurde nie juridisch hieb und stichfest institionalisiert. „Wir blieben die einzigen“, sagt der Operndirigent Wallnig.
Wallnigs Institut war jedenfalls eines mit mehr Außenwirkung, als man in Salzburg eigentlich mitbekommen hat. Wallnig dirigierte unter anderem Don Giovanni in Peking (2009), Bastien und Bastienne in Macao (2013), La Clemenza di Tito im Teatro Romano in Fiesole (2014), Le nozze di Figaro in London (2019). Die Cosi erkläng in Moskau, der Figaro auch in St. Petersburg. Überhaupt hat Wallnig intensive Kontakte in den Osten geknüpft. Er unterrichtet auch noch als 73jähriger regelmäßig in Vilnius und am Bolschoi. Nächste Woche leitet er in Vilnius Don Giovanni.
„Es war eine sehr gute Zeit, nicht zuletzt wegen der Personalunion von Opernklasse und Institut für Mozartinterpretation“, blickt Josef Wallnig zurück. „Wir lukrierten Drittmittel, damit etwas weiter geht.“ Warum geht im Moment aber nichts weiter? Vom Ende des Institutes hat Wallnig in einem Gespräch mit der Rektorin Elisabeth Gutjahr im Jänner dieses Jahres erfahren. Das Institut für Mozartinterpretation hätte in einem „Mozart-Forum“ aufgehen sollen. „Eine Erfindung von Wolfgang Holzmair“, wie Wallnig sagt. Es blieb freilich bisher bei Plänen. „In Grunde ist das ein Skandal, dass ausgerechnet ein in meinen Augen zentraler Bereich abgebaut wird“, erregt sich Wolfgang Brunner. „Aber so läuft die derzeitige Ideologie des Rektorats, das jetzt schon über ein Jahr im Amt ist.“
Auch Wolfgang Brunner ist in Doppelfunktion tätig: Er leitet die Salzburger Hofmusik und ist seit zwei Jahren Nachfolger Wallnigs als Leiter des Instituts für Mozartinterpretation. Freilich nur „interimistisch“. Formell bestellt wurde Brunner nie. „Wir haben uns immer über die Kooperationsmöglichkeit gefreut, die jungen Sängern die Möglichkeit gegeben hat – ohne Kosten für die Universität! – mit einem professionellen Barockorchester zusammen zu arbeiten.“
Wolfgang Brunner wirkt zornig, zugleich optimistisch: „Wir werden mit unserem Konzept leicht neue Kooperationspartner finden und freuen uns, unser Publikum dann wieder zu sehen.“ Auch Josef Wallnig gibt sich als Optimist: „Sie sehen einen begeisterten Abschiedler“, sagt er augenzwinkernd, „wir hoffen, dass etwas weiter geht“. Er selbst empfinde mit seinen 73 Jahren „Gnade und Freude über einen kleinen Lehrauftrag“. Nicht zuletzt seine regelmäßige Arbeit in Vilnius und Moskau erfüllt ihn. „Die holen sich Salzburger Know how“. Und Wallnig zuversichtlich: „Man soll halt schauen, dass wir unseren Mozart nicht verschandeln.“
Jetzt aber Johann Michael Haydns Singspiel Die Ährenleserin, komponiert 1788 als pädagogische Erbauungsliteratur für die Benediktiner in Kremsmünster und Salzburg. Seither dürfte das Stück wohl nie wieder aufgeführt worden sein. An der Universität Mozarteum setzt die Vorstellung eine Reihe von Wieder-Erstaufführungen musikdramatischer Werke Johann Michael Haydns fort, die Wolfgang Brunners Barockorchester „Salzburger Hofmusik“ in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit den Institut für Mozartinterpretation umsetzen konnte.