Nicht unter Dach und Fach…
SOMMERZENZE 2010
20/05/10 … sondern unter freiem Himmel findet heuer von 8. bis 17. Juli die "Sommerszene" statt. Thema: Die Stadt Salzburg und ihre Bewohner. Sogar auftreten werden viele Mitbürger, wenn auch nur virtuell. Das Festival sei heuer eine Einladung an alle Salzburger, so Szene-Intendant Michael Stolhofer. Deshalb findet es auch im öffentlichen Raum statt.
Von Heidemarie Klabacher
Jetzt wird’s bald Zeit für Gagenforderungen seitens der Salzburgerinnen und Salzburger: Das Landestheater lädt die Bürgerschaft derzeit ein, Erlebnisse mit und in der Stadt zu erzählen, auf dass in der nächsten Spielzeit ein Theaterstück daraus werde. Die Sommerszene geht noch einen Schritt weiter: Sie macht die Stadt zum Thema und zum Schauplatz gleichzeitig.
Im Vorfeld wurden bereits dreihundert Salzburgerinnen und Salzburger dazu gebracht, sich einzubringen: „Woran glauben Sie“ hat Richard Maxwell, einer der wichtigen Regisseure und Theaterautoren des New Yorker Theaters, sie vor laufender Kamera gefragt. Mittels „altmodischer Drei-D-Technik“ werden die Befragten präsent sein: nur immateriell, aber immerhin. Im Rahmen der großen Ausstellung „Identity Scan Salzburg“ im Republic wird es zu jeder vollen Stunde „eine Illusion des Auftritts“ geben.
Sonst ist so ziemlich alles, was bei der Szene passieren wird, Wind und Wetter und sonstigen Elementen ausgesetzt.
„Uns hat die Stadt Salzburg und ihre Umgebung ja immer wieder beschäftigt“, sagte Szene-Intendant Michael Stolhofer heute Donnerstag (20.5.) bei der Programmpräsentation. „Aber dass die Stadt selber zum Theater wird, ist auch für uns neu.“ Als Außenstehender will man es - nach der zweiten oder dritten Vorschau - auch bei der Präsentation des fixfertigen Programms noch kaum glauben: Alle Veranstaltung der Sommerszene 2010 finden unter freiem Himmel und bei freiem Eintritt statt. „Hemmschwellen abbauen“ ist ein Gedanke dabei. Noch nie habe man soviel Recherche und Erforschungen betrieben, heißt es bei der Szene. Es wurden Dinge entdeckt, Beziehungen geknüpft, Konstellationen erstellt, „die es nie so gegeben hat und die es nie wieder so gegeben wird“.
Die Formate, die sich aus diesem offenen Ansatz ergeben hätten, seien „stark von der Kamera bestimmt“. Film, Video oder Foto spielen eine zentrale Rolle. Die große Ausstellung im Haus hat auch eine „Dependance“ im Freien: „Porträts einer Stadt“ werden auch auf dem Müllner- und dem Makartsteg sowie am Kai dazwischen gezeigt werden. Menschen aus insgesamt 149 Nationen leben derzeit in Salzburg, (das damit österreichweit die Stadt mit Menschen aus den meisten Herkunftsländern ist. Porträts von Vertretern all dieser Nationen haben Anja Hitzenberer und Anusha Yadav gemacht.
Den Auftakt machen drei zentrale Veranstaltungen rund um den Dom: Die erste Performance „Die Salzburger“ findet am 8. Juli auf dem Residenzplatz statt: Caden Manson und seine „Big Art Group“ haben ebenfalls Salzburgerinnen und Salzburger zu ihrer „Lebenswirklichkeit“ befragt. Insgesamt vierzig Persönlichkeiten - von der Festspielpräsidentin über Prälat Johannes Neuhardt bis hin zum Verkäufer der Straßenzeitung Apropos - wirken mit. Abspielen wird sich alles auf der Fassade der Residenz. Teile des Stücks werden innen in den Prunkräumen live gespielt und ebenfalls nach außen projiziert.
Am 9. Juli geht es auf dem Kapitelplatz weiter: Um der monumentalen Architektur „was entgegenzusetzen“, so Michael Stolhofer, werden fünfzig Tänzerinnen aufgeboten. Der argentinische Choreograph Diego Gil arbeitet mit Studierenden des SEAD, die Musik dazu schrieb der libanesische Komponist Tarek Atoui.
Am 10. Juli findet der Reigen um den Dom seinen Abschluss auf dem Domplatz mit einem Event, inszeniert von Wim Vandekeybus. Die Stadtberge sind Spielstätten weiterer Veranstaltungen. Angst, dass sich das Festival ohne Basis quasi im Nichts des öffentlichen Raums „zerspragelt“ habe er nicht, so Stolfhofer auf Nachfrage des DrehPunktKultur: „Allein die große Ausstellung hier im Republic bietet so viel Inhalte, dass man die ganze Woche auch hier im Haus verbringen kann.“