Letzte Chance!

SOMMERSZENE / KLANG INSTALLATION / CARDIFF

25/06/21 Schnell hingehen! Noch bis 19 Uhr geschieht das Wunder! Die Sommerszene brachte die Klanginstallation The Forty Part Motet von Janet Cardiff in die Kollegienkirche. Überwältigend.

Von Heidemarie Klabacher

Die Kollegienkirche erfüllt vom magischen Klang alter Musik. Das hat man öfter mal. Bei den Festspielen etwa. Aber da gibt es dann Stuhlreihen, mächtige Bühnenaufbauten vor dem Hochaltar und oben im Gewölbe die Akustik-Einbauten. Sprich, die Kirche ist „voll“. Die Klanginstallation der kanadischen Künstlerin Janet Cardiff ermöglicht(e) – heute Freitag 25. Juni ist der letzte Tag – ein quasi authentisches Musik-Erlebnis im leeren Sakralraum.

Einzig die vierzig Lautsprecher stehen im Kreis unter der Vierungskuppel. Die Verweildauer der Menschen, mögen sie bewusst wegen der Installation kommen oder zufällig besichtigend hereinschneien, ist erstaunlich lang.

Es erklingt die unter Chorsängern legendäre vierzig-stimmige Motette Spem in Alium des englischen Renaissance-Komponisten Thomas Tallis. Die 14minütige Aufnahme wird im Dauerloop abgespielt. Man kann diese Lautsprecher nun abschreiten. Kann aber auch an einzelne Lautsprecher näher herantreten, einen profunden Bass, einen strahlenden Tenor oder die hellen Kinderstimmen quasi einzeln auf sich wirken lassen. Kräftige Stimmen veranlassen durchaus zu manch raschem Schritt weg vom Lautsprecher Richtung Mittelpunkt, andere wiederum erlauben ein Zuhören aus allernächster Nähe. Den Stimmen der besten Vokalensembles kann man nicht so hautnah folgen. Außerhalb des Kreises ist die Klangwirkung nicht minder überwältigend, man erlebt das Stück dann halt eher wie im Konzert oder als homogene Choraufnahme. Es singt der Salisbury Cathedral Chor. Die Stimmen der 32 erwachsenen Sänger wurden einzeln aufgenommen. Die Sopranstimmen wurden von insgesamt 27 Mädchen und Buben gesungen, deren Parts technisch auf die Einzelsstimmen zusammen-gemixt wurden.

Es ist natürlich keine aktuelle Performance.The Forty Part Motet tourt seit 2001, war etwa 2005 in der Johanneskirche in Feldkirch. Aber das macht diesen Klassiker der vielfältigen Klangkünstlerin Janet Cardiff nicht weniger faszinierend. Das quasi „artifizielle“ Chorprodukt ist betörend lebendig, die machtvollen Passagen sind schlicht überwältigend. Nettes Detail: Zwischen den Loops klingt „Gemurmel“ aus den Lautsprechern. Die Sänger unterhalten sich leise, sprechen über Probenpläne, die Kinder kichern diszipliniert, ein „Mr. Robinson“ wird diskutiert, leise Töne werden gesummt. Dass dieser Klangteppich vom Band kommt, kapiert man nur langsam. Dann wird es still – und die ersten Stimmen setzen ein. Magisch.

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Bilder: dpk-klaba