Die Götter haben’s auch nicht immer leicht

REST DER WELT / GREIN / ROGÉRIO GONÇALVES

06/08/13 Vor zwei Jahren hatte Rogério Gonçalves bei den donauFESTWOCHEN im strudengau die erste spanische Oper der Musikgeschichte präsentiert. Heuer folgte vom selben Komponisten - Sebastián Dúrons - die charmante Zarzuela „El imposible mayor en amor le vence Amor“.

Von Horst Reischenböck

„Zarzuela“ geistert im Allgemeinbewusstsein als eine Art spanischer Operette des 19. Jahrhunderts - so wie sie etwa ein Placido Domingo in Auszügen als Schmankerl für Salzburger Festspielgäste sang. Der Name indes geht auf ganz etwas Anderes zurück, nämlich auf Brombeersträuche nahe einem Landschloss bei Madrid. In diesem Schloss fanden zu Zeiten des Habsburgers Karl II. musikalische Feste statt. Sein Lieblingskomponist war Sebastián Dúron. (Dessen einaktige Opéra escénica „La Guerra de los Gigantes“ erschien übrigens - so wie sie 2011 im Renaissancehof von Schloss Greinburg zur Aufführung gelangte - erst kürzlich auf CD.)

Sebastián Dúron schuf, noch ohne Einfluss neapolitanischen Stils, ganz und gar Eigenes, Eigenständiges: Es gibt noch keine ausufernden da-capo-Arien. Stattdessen folgen auf Coros, hier von den Solisten ausgeführt, kurze Arias und Arietas. Es gibt mehrere Duos, durch Instrumentalisten begleitete Recitados und Hablados, also gesprochene Dialoge. Eine Zarzuela aus damaligen Zeiten wäre somit am ehesten mit einem Singspiel, vielleicht noch mit einer opera buffa zu vergleichen.

„Amor und der Sieg über der Liebe größtes Hindernis“ – so die deutsche Übersetzung des Titels – entpuppt sich als frühe Vorwegnahme von Richard Strauss’ „Die Liebe der Danae“ aus dem Jahr 1710. Auch hier kann die Dame nichts dafür. Aber Jupiter verwandelt sich nicht in Gold (Bezahlung für die erste Prostituierte der Operngeschichte?). Der Goldregen steht hier jedenfalls für Befreiung, gefolgt von Erhebung in göttlichen Stand.

Im Zentrum stehen Jupiter und Amor, die im Clinch liegen: Weil Danae von den Menschen verehrt wird, verwundet Amor Jupiter mit seinem Pfeil, der darauf hin prompt in Liebe zu Danae entbrennt. Interessanterweise will er das gar nicht und wird von seiner Gattin Juno vorerst einmal getröstet. Nur: Es hilft nichts, obwohl Danae eingekerkert wird. Am Ende wird von allen Beteiligten die Liebe Besungen. Ähnliche Finali gibt es später in Wolfgang Amadé Mozarts „Entführung“, im „Don Giovanni“ in der „Cosí“ – und auch in Verdis „Falstaff“.

Dem gebürtigen Brasilianer Rogério Gonçalves ist die Entdeckung von „Amor und der Sieg über der Liebe größtes Hindernis“ zu verdanken: Er zaubert mit den zehn Musikern seines Ensembles „A Corte Musical“ auf Originalinstrumenten eine vielfältige Klangpalette ins Schloss Greinburg. Zur Einstimmung in iberisches Kolorit dient eine Xacara von Lucas Ruiz de Ribayaz. Dirigent Rogério Gonçalves entwarf die ideal anschmiegsame Folie für den fast introvertierten Jupiter der Österreicherin Maria Weiss, deren Mezzo Sopranistin Eva Juárez als quirliger Amor Parole bot.

Stimmlich ebenbürtig: Die Spanierin Lidia Vinyes Curtis als Danae und die Italienerin Alica Borciani als Juno, deren auf vier absteigende Noten basierendes berührendes Lamento über den Verlust des Gatten den Komponisten Dúron auf absoluter Höhe mit seinen Zeitgenossen erweist.

Im gesprochenen Dialog Aller zeigte sich lediglich der Tenor Markus Andreas Schmid als Lisidante als nicht ganz so sattelfest bezüglich spanischen Idioms.

Zweieinhalb Stunden amüsanter Unterhaltung, inszeniert von Manuela Kloibmüller im praktikabel einfachen Bühnenbild von Isabella Reder. Das vorgegebene Renaissance-Ambiente derer von Sachsen-Coburg und Gotha bot noch einen zusätzlichen Genuss. Ein wunderschöner Abend - vom Auditorium genossen, gewürdigt und bedankt.

Weitere Aufführungen am 9., 10. und 11. August - www.donau-festwochen.at
Bilder: Oper donauFESTWOCHEN/Reinhard Winkler