Alte Liebesprobleme topaktuell

REST DER WELT / DONAUFESTWOCHEN / A CORTE MUSICAL / GONÇALVES

09/08/17 Die 23. donauFESTWOCHEN im Strudengau unter der Intendanz von Michi Gaigg holen dieser Tage mit Giovanni Battista Marianis „La Lisarda“ eine Opern-Preziose zurück ins Gedächtnis und zu einer bejubelten österreichischen Erstaufführung in neuer Zeit im Schlosshof zu Grein.

Von Horst Reischenböck

Das Thema dieser Kammeroper mit dem Untertitel „amor vuol gioventù“ - Liebe fordert Jugend - war Mitte des 17. Jahrhundert so aktuell eh und eh und gäbe heutzutage prächtigen Stoff für eine Telenovela oder Soap Opera im Fernsehen ab. „La Lisarda“ ist ein Scherzo drammatico für drei Sänger - die dazumal wirklich Sänger waren: Kastraten, da es in Rom für Frauen als unschicklich galt, aufzutreten. Was allein schon amüsierte Gedanken wach werden ließ, wie denn die Darsteller eine etwas ältere Dame und ihre Tochter verkörpert haben mochten. Zwischen diesen jedenfalls steht ein Jüngling, der zunächst die Mutter liebt, sich dann aber doch stärker zur Tochter hingezogen fühlt.

Also eine Dreieckskomödie, wie's im Programmheft steht, eine „warnende Geschichte für Frauen, die sich verlieben“. Über den Librettisten Lodovico Cortesi und den Komponist Giovanni Battista Mariani sind wenige Dokumente überliefert. Das Stück ist ganz zu Unrecht vergessen. Es besticht mit seiner kurzweiligen Musik noch ohne lähmende da-capo-Arien und wäre Wert, auch andernorts nachgespielt zu werden.

Ausgegraben hat „La Lisarda“ der brasilianischen Dirigent Rogério Gonçalves. Er rief bei den donauFESTWOCHEN bereits zweimal Opern von Sebastián Durón erfolgreich ins Gedächtnis zurück, ebenfalls im Renaissance-Hof der Greinburg oberhalb der Donau, der auch am Samstag (5.8.) wieder die prächtige Kulisse bildete.

Das Originalklang-Ensemble A Corte Musical profilierte sich sowohl in der Begleitung als auch in den eingestreuten Tänzen mit zwei Geigen, einer Viola und einer umfangreich durch Cello, Violone, zwei Harfen, Gitarre, Theorbe, Cembalo und Orgel besetzte Continuo-Gruppe: Die ideale farbige Untermalung und Mitgestaltung. Dirigent Gonçalves schlug gelegentlich selber die Trommel.

Auf der Bühne eine einfache schwarze Wand mit Spiegel für die Damen, vor der Regisseurin Manuela Kloibmüller mit Spaß an wirkungsvoller Gestik agieren ließ. Dazu baute Isabella Reder, die auch für die Kostümierung sorgte, die Tafel auf. Lisarda stakst in zu großen roten Stöckelschuhen umher, die erst der Tochter perfekt passen…

Sopranistin Camilla de Falleiro aus São Paolo machte als Mutter mit herabhängenden Mundwinkeln kein Hehl daraus, wie sehr sie die sich anbahnende Liaison zwischen dem ehemaligen Liebhabers und der Tochter missbilligt. Arme und Hände mit Schmuck behängt hilft ihr selbst eine rote Perücke nicht gegen die italienische Kollegin Alice Borciani, die spitzbübisch kokett die Jugend Celias ins Treffen führt. Ihren Nabel legt sie – nicht sehr kleidsam – wohl frei um den spanischen Counter-Tenor Gabriel Diaz als Medoro noch intensiver an sich zu fesseln. Medoro, will vom Wettstreit der Damen genervt schon fast das Handtuch, ehe sich im Finale doch alles in Wohlgefallen auflöst und das finale Terzett bekräftigt: „Die Liebe will jung sein.“ Zwei Stunden erstklassig gesungene amüsant ausgespielte Unterhaltung. Es lohnt sich!

La Lisarda - weitere Aufführungen 11., 12. und 13. August, jeweils um 18 Uhr im Arkadenhof Schloss Greinburg, bei Schlechtwetter im Rittersaal - www.donau-festwochen.at
Bilder: donauFESTWOCHEN / Reinhard Winkler