Bäume umarmen, Rosse bändigen

REST DER WELT / GRAZ / SCHIELLEITEN / LA MARGARITA

14/07/17 Blumen und Früchte umranken die Bühne in üppigen Girlanden. Ein Baum mit goldenen Äpfeln prangt in der Mitte. Auch den Park von Schloss Schielleiten zieren – neben barocken Statuen und echten Gewächsen – überdimensionale Ausschneide-Blumen aus Holz und Karton: Schon beim Entree wird der „echte“ Barock mit Opernbarock überhöht.

Von Heidemarie Klabacher

Immer wieder stehen auf dem Programm der „Steirischen Festspiele“ Landpartien, Konzertpicknicks oder sonstige Events mit Musik und Kulinarik irgendwo im Steirischen Grün. Heuer ist es das Opern-Pasticcio „La Margarita“, das die Styriarte-Gäste gut eine Autostunde vor die Tore von Graz hinaus lockt.

„Jetzt darf ich dem Komponisten erklären, dass Rösser durch seine Oper galoppieren.“ Eine ganze Kavallerie, nicht nur eine Buffo-Truppe wie in Richard Strauss‘ „Ariadne“, fährt dem Hofmeister und der Hochkultur in die Parade: Kaiser Leopold der Erste hat befohlen, dass in der Festoper anlässlich seiner Hochzeit mit der spanischen Infantin Magarita auch die Pferde mitspielen.

Das ist die Rahmenhandlung des Opern-Pasticcios das Thomas Höft, Haus und Chef-Dramaturg der „Styriarte“, für die Freiluft-Produktion „La Magarita“ ersonnen hat. Gemeinsam mit Michael Hell von der „Neuen Hofkapelle Graz“ hat er dazu ein dramaturgisch meisterliches Musikprogramm ersonnen mit Trompetenaufzügen und Arien aus Opern von Cesare Bendinelli (geb. 1542) und Francesco Cavalli (1602), Johann Heinrich Schmelzer und Antonio Cesti (1623) oder Alessandro Stradella (1639) und Leopold I. (Jahrgang 1640).

Im weitläufigen Park von Schloss Schielleiten wurde ein Reitplatz aufgeschüttet. Zwei überdachte Besuchergalerien säumen die Längen, an der Stirnseite ist die Bühne. Gegenüber, aus dem Dunkel des Parks heraus, reiten auf: die Mitglieder der Spanischen Reitschule Ungarn „Epona“. Fünf brav exekutierte „Pferde-Ballette“ zur zündend gespielten Musik von Johann Heinrich Schmelzer interpunktieren die von Obersthofmeister Lobkowics, alias Thomas Höft, stringent und launig erzählte Handlung.

Herkules hat aus einer leidenschaftlichen Anwandlung für die Natur heraus die Äpfel der Hesperiden geklaut, König Hesperos ist entrüstet, es kommt zum Kampf, Herkules siegt und legt die goldenen Äpfel dem Herrscherpaar zu Füßen. Passt gut ins Apfel-Land Steiermark. Das Bühnenportal erinnert an ein überdimensionales Ausschneidebogen-Papiertheater. Die Kostüme der Solisten sind frech-fröhliche Barock-Persiflagen. Die kunterbunte Ausstattung von Lilli Hartmann vermag geradezu zu verzaubern, so unbekümmert und gekonnt spielt sie mit Barockzitaten. Die Infantin Margarita trägt natürlich ein Margeritenkostüm.

Dass dennoch die Musik im Zentrum steht, ist dem hochmodernen, in Salzburg und Graz entwickelten Soundsystem „Amadeus“ zu verdanken, welches „dreidimensionale Klangszenen“ erzeugt. Tatsächlich staunt man über die Akustik, die Feinheiten der Interpretation auch im überdimensionalen Freilufttheater beim Publikum ankommen lässt. Erfreulich auch die Balance zwischen Instrumentalisten und Sängern. So ist die Produktion „La Margarita“ nicht nur ein aufwändiger Event, sondern tatsächlich auch ein feines Konzert Alter Musik.

Die „Neue Hofkapelle Graz“ und das Trompetenconsort Innsbruck unter Andreas Lackner musizieren rhythmisch pointiert – oft geradezu jazzig - im eleganten klangrednerischen Gewand. Die Sopranistin Julla von Landsberg bezaubert als allegorische Frau Musica und als Titelträgerin Margarita. Der Countertenor Flavio Ferri-Benedetti ist ein stimmlich wie darstellerisch wendiger Herkules. Der Tenor Daniel Johannsen singt als Kaiser Leopold I eine der schönsten Arien des Abends Alessandro Stradellas „Anco in cielo il biondo auriga“ aus „San Giovanni Battista“. Der Bariton Jochen Kupfer beherrscht die Bühne als König Hesperos. Thomas Gartner und Martin Schober geben – staturgemäß – Hofzwerg und Hofriesen.

„La Margarita“ – drei weitere Aufführungen am 14., 15. und 16. Juli jeweils um 21 Uhr – davor gibt es jeweils ab 18 Uhr ein üppiges kulinarisches Programm ebenfalls mit viel Musik – styriarte.com
Bilder: styriarte.com / Claudia Tschida (1)