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Gemeinsames und Trennendes

MUSIKTAGE MONDSEE / POULET, SIGFRIDSSON & AURYN QUARTETT

02/09/14 „Weggefährten und Widersacher“ ist Motto der Musiktage Mondsee. Brahms und Debussy waren beides nicht. Aber der Geiger Gérard Poulet, der Pianist Henri Sigfridsson und das für das Gesamtprogramm verantwortliche Auryn Quartett machten am Montag (1.9.) Verbindungslinien deutlich.

Von Horst Reischenböck

Der noch in der ersten Ausgabe der Enzyklopädie „Musik in Geschichte und Gegenwart“ in den Bereich der Fabel verwiesene Kontakt zwischen Brahms und Claude Debussy in Wien fand, inzwischen bewiesen, tatsächlich statt. Er schlug sich allerdings nicht in Debussys Schaffen nieder. Der Komponist hat sich, ganz im Gegenteil, zu Zeiten des Ersten Weltkriegs bewusst auf seine Art musikalisch frankophil gegen Deutschland abgegrenzt. Tönender Beweis: sein Opus ultimum, die g-Moll-Sonate für Violine und Klavier, in die Debussy Erinnerungen an sein eigenes früheres Schaffen verpackte. Vor allem mit charakteristisch impressionistischen Klängen, die der Finne Henri Sigfridsson aus dem Bösendorfer tropfen ließ, während der Geigenpart in allen drei Sätzen geradezu nur so vor belebt-belebender Virtuosität strotzt. Debussy ließ sich dafür vom jungen Gaston Poulet beraten lassen, mit dem zusammen er dann auch 1917 das Werk aus der Taufe hob. Dass dessen Sohn Gérard nun im Schloss Mondsee diesen Part grandios erfüllte, verlieh dieser Interpretation ein zusätzliches Maß an Authentizität.

Verbindendes: Debussy war zum Zeitpunkt der Komposition schon schwer durch Darmkrebs beeinträchtigt – und Johannes Brahms erfuhr 1892 erste Anzeichen seiner Todeskrankheit Leberkrebs. Irgendwie mag das auch in seine drei Andante-Intermezzi op. 117 für Klavier eingeflossen sein. Si spiegeln nahezu durchgehend emotional eine pessimistische „Herbststimmung“, die von fahlem Es-Dur in b- und cis-Moll hinein führt und damit obendrein optimal zum Septemberanfang passt: eine andere Art von Impressionen, deren von Abschiedsgedanken trunkener Seelenstimmung sich Henri Sigfridsson nachdrücklich ergab.

Nach der Pause wuchtete Sigfridsson dafür die ersten drei Akkorde zum Konzert für Violine, Klavier und Streichquartett in D-Dur op. 21 von Ernest Chausson umso nachdrücklicher aus den Tasten. Keimzelle und zugleich Beleg, aus gleichsam Nichts etwas entstehen zu lassen. Chausson, dessen Œuvre aus kaum fünfzig Kompositionen besteht, protegierte den jungen Debussy und war, wie Brahms immer wieder feilend, permanent von Selbstzweifeln geplagt. Vor einem leeren weißen Blatt sitzend schreckte in jeglicher Beginn und auch nachdem er diese formal an Brahms' 2. Klavierkonzert angelehnten vier Sätze vollendet hatte, befand er darüber: „Nur ein weiterer Fehler“. In diesem eigentlich merkwürdigen Zwitter agieren drei Partner mit und gegeneinander: ein Ripieno von vier Streichern und, gelegentlich wie in einer Sonate, Soli von Geige und Flügel, dem wiederum auch orchestrale Fülle verordnet ist. Das Werk gipfelt im tief empfunden schwerblütig ausdrucksstarken Grave (3. Satz), ausdrucksstark von Poulet und Sigfridsson gestaltet und im selben Sinn durch das Auryn Quartett (Matthias Lingenfelder und Jens Oppermann, Violine, Steward Eaton an der Viola und Cellist Andreas Arndt) in gewohnter Weise hochkarätig unterstützt.

Sie alle hätten sich übrigens durchaus mehr Besucher erwarten dürfen!

Die Musiktage Mondsee dauern bis 6. September – www.musiktage-mondsee.at
Bilder: Musiktage Mondsee   
Zum DrehPunktKultur-Vorbericht Ring frei für Brahms
       

 

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