Bach- Juwelen

REST DER WELT / MÜNCHEN / CLAUDIO ABBADO

07/12/12 Abbado und Bach? Das klingt ungewöhnlich. In München wurde das Konzert mit einer Kammer-Truppe des Orchestra Mozart Bologna zum Triumph für den Maestro, das Orchester  und die Solisten.

Von Elisabeth Aumiller

2004 gründete Abbado das Orchestra Mozart im Verein mit der Stadt Bologna und der berühmten seit 1666 bestehenden Regia Accademia Filarmonica di Bologna, in der bereits Mozart als Kind mit seinem Genie Aufsehen erregte. Sowohl durch die hochkarätige künstlerische Arbeit als auch durch soziale Projekte hat sich das Orchester einen Namen gemacht. Das Ensemble versteht sich nicht als Jugendorchester, aber es sind junge engagierte Musiker, aufgemischt mit versierten Namen ihres Fachs wie Isabelle Faust, Gregory Ahss, Alois Posch, Reinhold Friedrich , Jacques Zoon, Guilhaume Santana, um nur einige zu nennen.

Abbados waches Interesse und seine musikalische Neugier sind  grenzenlos und immer offen für neue Programme, erfuhr man beim Pressegespräch und mit den beiden Projekten „Tamino“ und „Papageno“. Inspiriert vom venezolanischen pädagogischen Netzwerk „El Sistema“  leisten Abbado und das Orchestra Mozart Bologna Pionierarbeit auf musik-sozialem Gebiet. “Musik ist notwendig zum Leben, sie kann verändern, verbessern und in manchen Fällen kann sie sogar retten“, sagt Claudio Abbado. So leistet das  Orchester mit dem „Tamino“-Projekt  therapeutische Arbeit mit kranken und behinderten Kindern und „Papageno“ geht ins Gefängnis und spielt vor Strafgefangenen, die zusätzlich in einem Chorprojekt zum aktiven Mitmachen eingebunden werden.

Eine Tournee führte das Ensemble also nun unter Abbados Leitung nach Mailand, Wien und Palermo, und das Kammerensemble des Orchesters stellte sich mit einem reinen Bach-Programm in Frankfurt,  Baden-Baden und zuletzt im Münchner Herkulessaal vor. Abbado und Bach? Das mag Bachs Bach sein. Natürlich wurde nicht im historischen Gewand musiziert, aber voller Leben, rhythmisch pulsierend in zügigen Tempi, dabei in sensibel transparentem Feinschliff. Das sprach die Hörer unmittelbar an. Mit knappen Gesten, aber wacher Präsenz in der Kommunikation mit den Musikern erzielte Abbado präzise Struktur, die sich aber nicht durch  strenge Konturen artikulierte, sondern mit  fließendem Musizieren voll inneren Lichts berührte. Ein großer Spannungsbogen wölbte sich von den Ausführenden zum äußerst konzentriert  lauschenden Publikum, das am Ende die stille Hingabe an die Musik in lautem Jubel auflöste.

Tänzerisch heiter und luftig,  frohgemut in der Ausstrahlung die Orchestersuite Nr.2 h-Moll BWV 1067 mit dem brillanten Soloflötisten Jacques Zoon und die Suite Nr.3 D-Dur BWV 1068, von den Musikern in feiner Klangbalance ausgeführt. Stimmig dazu die Continuobegleitung mit Enrico Cacciari und Sebastian Küchler-Blessing an den Cembali.

Isabelle Faust spielte mit Virtuosität und Klangdelikatesse das Violinkonzert E-Dur BWV1042 und zeigte  ihre spezifische Eignung  für diese Musik. Betörend schön, der  meditativ und weihevoll anmutende Adagiosatz. Auch im Konzert für zwei Violinen, Streicher und basso continuo d-Moll BWV 1043 zeigten die Solisten Isabelle Faust und Gregory Ahss sowie die  Tutti- Spieler virtuose Geläufigkeit  und ausgewogenes Klingen.

Zum finalen Höhepunkt geriet das Brandenburgische Konzert Nr.2 F-Dur BWV 1047, bei dem Violine, Flöte, Oboe und Trompete ein solistisches Concertino dem Orchester entgegensetzen.

Reinhold Friedrich mit der Trompete gab dabei instrumentenbedingt die herausragende Nummer im Miteinander mit dem Geiger Raphael Christ, dem Flötisten Jacques Zoon und dem Oboisten Lucas Macías Navarro. Bravourös blies Friedrich seinen schwierigen Part, als sei es das Müheloseste von der Welt. Da forderte der begeisterte Applaus nochmals das Allegro als Zugabe.

Bilder: Marco Caselli Nirmal (1); dpk-E.Aumiller (1)