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Die Kunst des Gehens

MÜNCHEN / LIVING MEMORIES

11.02.2010 Neues Musiktheater aus China im Bayerischen Staatsschauspiel: Ein gelungener, exotischer Abend mit Solo-Opern zwischen Philosophie, Anmut, Komik und Akrobatik.

Von Sina Baumgart

Ein seltenes Ereignis im Westen ist das chinesische Musiktheater, es wird landläufig mit "Peking-Oper" gleichgesetzt. Umso erfreulicher war es nun, dass sich im Münchner Marstall drei Solokünstler einfanden, die samt chinesischem Orchester gleich mehrere asiatische Musiktheatergattungen zum Besten gaben. Aufgeführt wurden unter dem Motto "Living Memories" drei zeitgenössische Solo-Opern, die traditionelle Elemente der chinesischen Bühnenkunst mit modernen Einflüssen verquicken.

Fremd und vertraut klingen die kehlig-fokussierten Gesänge der Solisten sowie die Laute von Röhrengeige, Zither, Flöte und Gong, die um elektronisches Equipment erweitert sind. Anstatt mit typisch eindrucksvollen, symbollastigen Masken und Kostümen aufzutrumpfen, setzt man auf schlichte Zeichen. Überwiegend pantomimisch und in stilisierten Bewegungen agieren die Künstler auf einer raum- und zeitlosen Bühne, stimmlich zwischen Sprechen und ariosem Gesang changierend. Lichtwechsel, Nebelschwaden, Schneefall und wenige Requisiten wie der für die Peking-Oper so typische Stuhl bestimmen das reduzierte Bühnenbild.

Mit einer Kun-Oper, sozusagen der chinesischen Elite-Gattung des Musiktheaters, setzt sich Ke Jun in Szene, der wie alle drei chinesischen Solokünstler für Regie und Konzept seiner eigenen Performance verantwortlich ist. Vor allem pantomimisch überzeugend gestaltet er seine Oper "Verstecken und Fliehen" (Musik Sun Jianan), die zwischen kalligrafischen Aktionen und kriegerischem Gebaren das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft thematisiert. Ein Highlight: die Sichuan-Oper "Der Seufzer" (Musik Liu Jiyun und Tian Mansha). Sie rückt die chinesische Kulturrevolution und das Nebeneinander von Alt und Neu ins Zentrum. Ihre Hauptakteurin, die preisgekrönte Tian Mansha, nimmt nicht nur mit ihrer Stimme, sondern auch ob der anmutigen Körperbeherrschung für sich ein. In einem blütenweißen Kostüm mit Wasserärmeln präsentiert sie mit grazilen Bewegungen bis in die Fußspitze hinein die chinesische Tradition und lässt staunen, dass selbst das Gehen zur großen Kunst werden kann. Wu Hsing-kuo dagegen setzt mit seiner Peking-Oper "King Lear" auf das Komische und besonders Akrobatische. In Windeseile schlüpft er in seiner komprimierten Shakespeare-Adaption in mehr als zehn verschiedene Rollen. Er ist Cordelia ebenso wie der hämisch gackernde Narr, was für Lacher sorgt. Akrobatische Sprünge und die Kombinationen von schnellen Bewegungsabfolgen mit Gesang beeindrucken.

Bilder: http://www.meta-theater.com/

 

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