Sogar in der ägyptischen Hauptstadt wagnert es

REST DER WELT / KAIRO / WAGNER

16/04/13 Auch das gibt es: Klassik im Orient zwischen den Rufen der Muezzine und dem gewöhnungsbedürftigen Dauerlärm der überfüllten Strassen in der 22-Millionenmetropole am Nil. Und nicht Nil-Romantik à la Aida – sondern Wagner!

Von Wolfgang Stern

048Die ägyptische Hauptstadt abseits des Tahrir-Platzes. Auf der grünen Nilinsel Gesira findet das andere Leben statt. Im abgegrenzten Teil stehen Museen und das Opernhaus, es ist sauber und nichts von sträunenden Hunden und Katzen, vom Gestank und Schmutz der Innenstadt zu merken. Fast fühlt man sich in einer anderen Welt. Die Auflagen für den Konzertbesuch sind gegeben: Krawatten- und Sakkozwang für Männer, was den Schreiber dieser Zeilen zu einer schnellen Taxifahrt zurück ins Hotel zwang.

Das schöne 1988 eröffnete und von Japan finanzierte Opernhaus war Schauplatz eines Konzertes anlässlich des 200. Geburtstags von Richard Wagner. Die Eintrittspreise liegen bei 50 bzw. 25 Pfund, das sind umgerechnet 5,5 bzw. 2,80 Euro – und trotzdem finden gerade 150 Besucher (bei einer Kapazität von ca. 1200 Plätzen) den Weg zum Konzert. Ein paar Europäer, die Mehrheit Ägypter.

049Auf dem Programm, das tags darauf in Alexandria gegeben wurde, stehen ausschließlich Ouvertüren, so Glucks Iphigenie in Aulis in Wagners Bearbeitung, das Vorspiel zu Parsifal, zu den Meistersingern, die Ouvertüren zu Tannhäuser, Rienzi und zum Holländer.

Der Tscheche Ji?i Petrdlik, Jahrgang 1977 und Chef des Cairo Symphony Orchestras, führte die rund 80 Damen und Herren des Orchesters durch die Partituren. Natürlich konnte man nicht den großen Wurf erwarten. Es war ein Bemühen, sich mit dieser Musik eingehend zu befassen und ein für nordafrikanische Verhältnisse ansprechendes Ergebnis zu erzielen. Ein Tscheche mit dem ägyptischen „Paradeorchester“ und Musik eines Deutschen – eine Kombination der anderen Art. Der Abend war schon aus geographischen Gründen ein in Erinnerung bleibender.

Oper in Ägypten? Das „Cairo Opera House“ betreibt mehrere Bühnen. Neben dem großen Saal gibt es einen kleineren Theatersaal mit rund fünfhundert Plätzen. Auch eine Arena für Open-Air-Veranstaltungen ist im modernen Theaterkomplex vorhanden. Jugendstil-Flair hat das El Gomhouria Theater in Kairo, und ein Schmuckstück des Historismus ist das 1918 erbaute Sayed Darwish Theater in Alexandria. Dort gibt es auch noch eine antike Stätte, die gelegentlich für Veranstaltungen herangezogen wird: das kleine römische Amphitheater.

www.cairoopera.org
Bilder: Wolfgang Stern