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Die Buchstabenschätze der Klöster

HINTERGRUND / KLOSTERBIBLIOTHEKEN

21/04/23 Das älteste Buch Österreichs? Es ist der frühmittelalterliche Ambrosiuscodex aus dem 5. Jahrhundert in der Benediktinerabtei St. Paul im Lavanttal. Die älteste Notenhandschrift: die mit Neumen versehenen Klagelieder des Jeremia vom beginjn des 9. Jahrhunderts in St. Florian. Im Stift Lambach liegt die Partitur einer frühen Mozart-Symphonie.

Der Ambrosiuscodex vereint einige Superlative in sich. Er gilt als das erste illuminierte Manuskript Europas und ist zugleich das älteste gebundene Buch. In St. Paul wird auch das erste Druckerzeugnis Johannes Gutenbergs aufbewahrt. Wer an eine Ordensbibliothek denkt, hat zumeist prachtvolle, weitläufige Barockräume vor seinem geistigen Auge.

Tatsächlich verfügen manche Ordenshäuser, vor allem die großen Stifte, über repräsentative Bibliotheksräume aus verschiedenen Epochen mit über 100.000 Bänden – beispielsweise das Stift Admont, das Stift Melk oder das Kärntner Stift St. Paul. Es gibt aber auch zahlreiche kleinere Ordensbibliotheken, die nur ein paar hundert oder tausend Bände beinhalten.

Da sie oft eine sorgfältig gewählte Sammlung einer oder mehrerer Spezialgebiete darstellen, bilden auch sie einen wichtigen Teil der österreichischen Kulturgeschichte ab. In Summe wird der Bestand aller in den rund zweihundert österreichischen Ordensbibliotheken aufbewahrten Bücher auf über 4,5 Millionen Bände geschätzt. Davon zählt rund die Hälfte zum besonders wertvollen Altbestand – also Bücher, die vor 1900 erschienen sind. Sie unterliegen unabhängig von ihrem Zustand dem Denkmalschutz.

1995 erklärte die UNESCO den 23. April zum Welttag des Buches – Anlass genug, um den Bücherschatz, der in den österreichischen Ordensbibliotheken lagert, näher unter die Lupe zu nehmen. Die Pflege und Bewahrung all dieser Kulturschätze stellt nicht nur eine große Verantwortung für die Ordenshäuser dar, sondern wird für sie auch immer mehr zur Herausforderung. Die Gründe dafür reichen vom überdurchschnittlich hohen Anteil an alten Buchbeständen über den zunehmenden Schädlingsbefall aufgrund des Klimawandels bis hin zur rückläufigen Anzahl an Ordensmitgliedern.

Waren es in der Vergangenheit ausschließlich Ordensleute, die sich um die Betreuung „ihrer“ Bibliothek gekümmert haben, macht der strukturelle Wandel in der Kirche und in den Orden mittlerweile oft die Anstellung von Fachpersonal notwendig. Zumeist kümmert sich nur eine Person um alle Aufgaben, die in der Bibliothek anfallen, sei es die Pflege der Bücher und des Bibliotheksraums, die Erfassung der Bücher in Listen bzw. Katalogen, die Betreuung von Benutzeranfragen oder die Verwaltung von Neuankäufen, Schenkungen und Buchnachlässen. Dass diese Fülle an Aktivitäten die Arbeitskraft einer Person oft übersteigt, ist nur allzu verständlich. Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Vernetzung der Ordensbibliothekarinnen und -bibliothekare. Wichtig also, dass die Österreichischen Ordenskonferenz die Arbeitsgemeinschaft Ordensbibliotheken unterhält.

Wurden in der Vergangenheit in den meisten Ordensbibliotheken Zettelkataloge geführt, in denen die vorhandenen Bücher erfasst waren, geht man inzwischen immer mehr zur elektronischen Erschließung der Bestände über. Eine gute Möglichkeit dazu wurde mit einem Online-Katalogisierungsprogramm geschaffen, das von der Österreichischen Ordenskonferenz in Zusammenarbeit mit der Bibliothek der Erzabtei St. Peter in Salzburg und dem Leitungsteam der ARGE Ordensbibliotheken entwickelt wurde.

Sonja Führer, Leiterin der Bibliothek der Erzabtei St. Peter und Gründungsmitglied von KOBi, ist vom Mehrwert der Plattform überzeugt: „Der Welttag des Buches lädt auch dazu ein, der vielfältigen Buchkultur österreichischer Orden auf die Spur zu kommen. Kostenfrei kann man via Internet eine wenig bekannte Seite gelebter Religiosität entdecken.“

Aufgrund der Zusammenlegung von Ordensprovinzen kommt es mitunter vor, dass Orden eine Niederlassung aufgeben oder aus Österreich abwandern. Ist an dem aufgegebenen Standort eine Ordensbibliothek vorhanden, versucht man, die Buchbestände vor Ort zu belassen. Ist dies nicht möglich, kann eine Abgabe an andere kirchliche Institutionen erfolgen. Schlägt auch das fehl, werden die Kulturgüter in letzter Konsequenz an eine nicht-kirchliche Institution wie eine Universitäts-, Landes- oder kommunale Bibliothek übergeben.

Informationen über die wichtigsten Klosterbibliotheken – www.kloesterreich.at
Der „Katalog der Ordensbibliotheken“ (kurz KOBi) ist über die Website kobi.ordensgemeinschaften.at zu erreichen.
Bilder: Klösterreich/St.Paul (1); dpk-krie (4)

 

 

 

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