Biennale-Donner aus den Schützengräben

HINTERGRUND / SALZBURG BIENNALE

18/10/13 „Die Lektüre internationaler Medien wäre nützlich für so manchen Kritiker der Biennale.“ So kontert Bürgermeister Heinz Schaden auf die jüngst wieder aufgeflammte Kritik an der Salzburg Biennale. Er holt sich indirekt Schützenhilfe bei dem angesehenen Schweizer Musikjournalisten Peter Hagmann.

Von Reinhard Kriechbaum

Hagmann hat im März dem Biennale-Programm attestiert, dass es „…ausgesprochen schön gebaut…, anregend und voll Sinnlichkeit“ sei. Gleichzeitig zeigte sich Hagmann erstaunt über die lokalen Anfeindungen: „…Dem Außenstehenden erscheint das alles unverständlich…“, und „… Salzburg kann den Kontrapunkt der Biennale und des Musikpreises ja nur zu gut brauchen…“. Hagmann wies auch darauf hin, dass „… ein solches Projekt doch eine mutige Investition darstellt, die sich erst nach Jahren hartnäckiger Aufbauarbeit auszahlt…“.

Eine Musikstadt, die im Vorjahr insgesamt rund 6,6 Mio Euro (ohne Festspiele) für Musikförderungen gewidmet hat, könne sich auch ein Festival, das sich dem zeitgenössischen Musikschaffen verschreibt, mit 150.000 Euro Förderung pro Jahr leisten, ist Salzburgs Bürgermeister überzeugt. Wien unterstütze seit Jahrzehnten das Festival Wien modern, 2012 mit einem Etat von 700.000 Euro. Auch das vergleichbare Festival Klangspuren in Schwaz werde von der öffentlichen Hand wesentlich höher gefördert als die Salzburg Biennale.

Für die Diskussionen um die Biennale scheinen sich die Kontrahenten freilich längst in ihren Schützengräben fest eingegraben zu haben. Sachliche Verbesserungen, die es sehr wohl geben könnte, werden – so scheint es jedenfalls – eben deshalb nicht diskutiert, weil die Kontrahenten wie ehern auf ihren Argumenten beharren: Die Stadt-ÖVP ist der Meinung, dass alles Geld angesichts des bescheidenen Kartenverkaufs quasi zum Fenster hinausgeschmissen sei. Bürgermeister Schaden seinerseits verteidigt das Festival zeitgenössischer Musik – das mit seinem Musiktheater-Schwerpunkt tatsächlich etwas für den Ort Signifikantes bietet – mit Zähnen und Klauen.

Die Auflistung in einer Presseaussendung Heinz Schadens, verbreitet via InfoZ am Freitag (18.10.): „Die Salzburg Biennale 2013 stellte mit 25 Konzerten und Musiktheateraufführungen Werke von 46 KomponistInnen aus 18 Ländern vor. Sechs Uraufführungen und 24 österreichische Erstaufführungen waren zu hören sowie KünstlerInnen, Ensembles und Komponisten aus 18 Ländern, begleitet von weiteren Veranstaltungen zum Thema und einem umfangreichen Vermittlungsprogramm von und mit Jugendlichen. Auch die Einbindung des Musikpreises des Landes Salzburg und die Integration der Tagung des Réseau Varèse zeigen den Stellenwert dieses Festivals für Neue Musik.“

Das alles ist absolut richtig und wichtig für die Stadt Salzburg. Der Kartenverkauf und die Einnahmen dürften kein Argument gegen die Biennale sein: Die zeitgenössische Musik hat einen schweren Stand und es ist deshalb mehr als löblich, wenn sich der Bürgermeister, zugleich Kulturreferent, in diesem Bereich engagiert. Gerade die vielen Freikarten, die zu einem großen Teil ja auch an junge Leute gehen, helfen, Barrieren abzubauen.

Fatal ist die Sturheit, mit der immer dieselben Kanonaden losgelassen werden. Sie steht einer vernünftigen Diskussion entgegen. Dass in einer Zeit, da es in der Kulturszene etwas ruhiger ist und touristisch gesehen das Zwischensaison-Loch gähnt, eine belebende Initiative willkommen ist, leuchtet ein. Dass Neue Musik gerade aus touristischer Sicht dafür wenig taugen würde, dafür hat es keine Propheten und keine Kassandra-Rufer gebraucht.

Nichts spräche dagegen, ernsthaft über einen sinnvolleren Zeitpunkt zu reden, vor allem aber über eine verbesserte Präsentation. Drei oder vier verlängerte Wochenenden: Da verpufft zwischendurch jede aufkeimende Festivalstimmung. Der März dürfte es schon bleiben, aber an der äußeren Form zu feilen, wäre kein Fehler.

Man ist grundsätzlich auf einer guten Spur, indem man auch mit lokalen Veranstaltern und einschlägigen Initiativen nach Kräften kooperiert. „Außer den fixen Partnern Universität Mozarteum, Stiftung Mozarteum, Aspekte Salzburg, IG-Komponisten-IGNM Salzburg und dem Österreichischen Ensemble für Neue Musik, zählten 2013 u.a. die ARGEkultur, das Museum der Moderne, das Musikum Salzburg, die Galerie Mario Mauroner oder die Internationale Thomas Bernhard Gesellschaft zu den Kooperationspartnern“, so Bürgermeister Schaden in der zitierten Presseaussendung. Stimmt, und das gehörte groß herausgestellt. Es herrscht im Moment generell viel guter Wille zur Zusammenarbeit. Den Rückenwind sollte man nutzen.

Und was den Aufwand der Stadt betrifft: Immerhin ist es der Intendantin Heike Hoffmann auch gelungen, rund 120.000 Euro an Sponsorgeldern zu lukrieren. Darauf sollte niemand vergessen, der vermeintlich überhöhte Förderungen, Freikarten und mangelnden Verkaufserlös bekrittelt.

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