Vollmond draußen und drinnen

STIFTUNG MOZARTEUM / FAZIL SAY

26/04/13 Des einen Leid, des anderen Freud: Die Klarinettistin Sabine Meyer musste kurzfristig absagen. So bestritt der Pianist Fazil Say, in Salzburg längst kein Unbekannter mehr, das Kammerkonzert bei der Stiftung alleine - und erntete Standing Ovations.

Von Horst Reischenböck

Fazil Say eröffnete sein Soloprogramm am Donnerstag (25.4.) im Großen Saal des Mozarteums mit der Bearbeitung - ja fast könnte man sagen „Orchestrierung“ - die Ferruccio Busoni der berühmten Chaconne aus Johann Sebastian Bachs Partita d-Moll für Solovioline BWV 1004 angedeihen ließ: Ihre auf drei Teile aufgefächerten 32 Veränderungen werden mit großer romantischer Geste durch Rhythmus und Dynamik dramatisch zugespitzt, angefacht durch hämmernde Akkorde. Fazil Says Hände reizten immer wieder klanglich differenzierteste Schattierungen aus dem Steinway, mächtig, zwischendurch lyrisch kantabel zurückgenommen. Die seiner Interpretation innewohnende Intensität animiert ihn gelegentlich auch zu spontanem Mitsingen. Dazu kontrastierten die fulminant gesteigerten Höhepunkte innerhalb der von Busoni geforderten Tour de force. Ihrem technischen Anspruch wurde der der türkische Pianist grandios gerecht - so überwältigend, dass es eigentlich damit schon ein Bewenden gehabt haben könnte.

Der Hauptfokus war indes auf Ludwig van Beethoven gerichtet. Bei Vollmond draußen erklang drinnen im Großen Saal die „Sonata quasi una fantasia“ cis-Moll op. 27 Nr. 2 - von fremder Hand später „Mondscheinsonate“ betitelt. Ihr Adagio sostenuto verzauberte fast schon überirdisch träumerisch zart mit subtilen Rubati. Rustikal-tänzerisch ging es weiter, rasant dann bis an die Grenze des Spieltechnisch möglichen im abschließenden Presto gesteigert. Als kapitalster Brocken stand zum Schluss das diesbezügliche Opus summum, die Sonate in c-Moll op. 111 zu Gehör. Nach wahrlich „majestätischem“ Einstieg, so wie gefordert genommen, ritt Fazil Say eine leidenschaftlich fulminante Attacke bis an akustische Grenzen des Raumes und versenkte sich dann nahtlos in die in großem Bogen weit gespannten Variationen der Arietta.

Vom ursprünglichen Programm war nur die zweisätzige der Sonáta 1.X.1905 „Z Ulice“ von Leoš Janá?ek übrig geblieben. Ein Werk, mit dem sich Say seit mehr als zwanzig Jahren immer wieder auseinandersetzt. Auch diesmal sann er wieder eindringlich verinnerlicht allen Facetten der in diesem Werk zum Ausdruck gebrachten persönlichen Erschütterung des Komponisten über den Tod eines Arbeiters nach.

Da sich der begeisterte Jubel von Mal zu Mal steigerte, waren Zugaben keine Frage: Fazil Say spielte noch ein Variationenwerk: seine eigenen - frech jazzig angehauchten Veränderungen über ein weiteres Werk für Violine solo, nämlich über Niccolo Paganinis Thema der Caprice a-Moll op. 1 Nr. 24.

Ein Wiedersehen mit Fazil Say wird es bei der Mozartwoche 2014 - mit zweimal vier Sonaten des Genius loci - geben.

Bild: ISM/Marco Borggeve