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Ein Stoiker macht Indie-Rock

ROCKHOUSE / Get Well Soon

Ein Stoiker macht Indie-Rock

22.02.2010 Ein perfekt abgerundetes Gemisch aus Hochschul-Pop und Indie-Rock: Am Sonntag (22.2.) machten Konstantin Gropper und Co. Station im Salzburger Rockhouse.

Von Oliver Baumann

Seitdem Castingshows und sinnentleerte Anbiederungswettkämpfe die Rockmusik mit Schablonen und Plattitüden verwässert haben, verlieren Zugang und Motivation für Neueinsteiger an Bedeutung. So lohnt es sich auch nur sehr selten hinter die angepassten Pop-Fassaden zu blicken. Umso erfreulicher und authentischer liest sich da der Lebenslauf Konstantin Groppers. Der 27jährige Deutsche lernte schon früh zahlreiche Instrumente zu spielen und schloss die erst 2003 ins Leben gerufene Popakademie in Mannheim ab.

Daneben gründete er die Band "Get Well Soon" und studierte Philosophie. Dabei dürfte er den reizvollen Thesen des Stoizismus begegnet sein. Und so nahm sich das junge Ausnahmetalent für sein Anfang Februar dieses Jahres erschiene, zweite Album "Vexations" auch die Zeit, Seneca und Sloterdijk zu lesen, um Inhalte in (englisch-sprachige) Songzeilen zu verpacken und zu vertonen. Dabei ist ein perfekt abgerundetes Gemisch aus Hochschul-Pop und Indie-Rock entstanden, das Get Well Soon nun in einer ausführlichen Europatournee bewerben.

Und schnell wird klar, dass Gropper auch live dem Konzept des Albums ein Konzept der Präsentation folgen lässt: Der gesamte Auftritt wird von einer Videopräsentation, Filmen und Videoschnipseln begleitet, erläutert und zum Ende hin sogar mit einem veritablen Nachspann umrundet. Das musikalische Gerüst des Auftritts besteht ebenso aus den - teils in gleicher Reihenfolge abgespielten - Songs aus "Vexations". Dort, wo die sechsköpfige Band keine Hände mehr frei hat, ergänzen Soundsamples und Einspielungen das gegenüber den Studioaufnahmen Fehlende.

So stellt sich Get Well Soon dem Salzburger Publikum als perfekte Rockshow dar. In astrein abgestimmtem Sound lassen Gropper und seine Mitstreiter - darunter auch seine Schwester Verena - so manche Songperle über den Bühnenrand. Die Perfektion der Musik - Gropper hat sein handwerk offensichtlich in deutscher Gründlichkeit gelernt - überdeckt auch live die sperrigen und "un-poppigen" Texte von "Vexations": "Seneca’s Silence" thematisiert den Selbstmord des Kaiser-Lehrers Seneca, "5 Steps/7 Swors" und "A Burial at Sea" handeln vom Tot, "We are Ghosts" lässt die Folgen aufgeklärten Denkens im Satz "And God is Dead" ausklingen und "We Are Free" spricht – nicht ganz frei von etwas nach Poesiealbum klingenden Phrasen – das Gebot der Besitzlosigkeit an.

Bei soviel Konzept, Perfektion und inhaltlicher Dichte verwundert es nicht, dass die Zuhörer oftmals mehr damit beschäftigt scheinen, dem Geschehen zu folgen, als auf Groppers zumeist ohnehin nur sehr spärlich erfolgende Ansagen zu reagieren. "Vexations" ist zudem nicht frei von Längen, die durchaus für Unruhe im Auditorium sorgen. So täten auch der Genialität Groppers ein paar Reibungsflächen in der (Live-) Praxis nicht schlecht. Damit könnte er der Diskrepanz im Leben zahlreicher Stoiker durchaus näher kommen.

Bild: http://www.youwillgetwellsoon.com

 

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