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Aufgepasst, jetzt kommt Mozarts Geige!

MUSICIENS DU LOUVRE / CHRISTOPH KONCZ

10/10/20 Mozarts Geige: Immer wieder wird sie aus der Panzerglas-Vitrine hervorgeholt, auf dass man höre, ob überhaupt und wie sie klinge. Zuletzt hat Christoph Koncz ausprobiert, was dieses Instrument hergibt. Mozart spielte es im Teenageralter als Konzertmeister der fürsterzbischöflichen Dom- und Hofmusik.

Von Reinhard Kriechbaum

Mit den Musiciens du Louvre, deren Erster Gastdirigent Koncz unterdessen ist, hat er nun alle fünf Violinkonzerte Mozarts aufgenommen. Die CDs sind dieser Tage erschienen. Ein renommiertes Originalklangensemble und ein Instrument mit der Edelpatina des Ur-Authentischen – kann da irgend etwas schiefgehen? Erstaunlich viel, hörte man am Freitag (9.10.) im Großen Saal des Mozarteums am Beispiel der Konzerte D-Dur KV 218 und A-Dur KV 219.

In technischer Hinsicht kann man Christoph Koncz diese Stücke – Mozarts Geigen-Ohrwürmer schlechthin – ohne weiteres anvertrauen. Schließlich ist er im Hauptberuf Stimmführer bei den Wiener Philharmonikern. Da hat man das Handwerk drauf. Das Stilistische ist eine ganz andere Frage, und wieder eine andere, ob das Charisma ausreicht, um ein Orchester vom Instrument aus mit genügend Input zu versorgen. Für Mozarts „echte“ Geige dürfte schon etwas mehr als eine Allerweltsbegleitung drin sein.

Konzc zelebriert das, was an dem Instrument als erstes auffällt: Je höher, desto feinliniger und klarer wird der Klang. In der Mittellage und Tiefe weist er viel weniger Charakteristik auf. Folgerichtig nutzt Koncz diese Vorzüge im Diskant, wobei er auch immer drauf achtet, dass die Sache tonlich nicht picksüß ausfällt. Aber die Tempi! Wenn die Geige dran ist, dann wird erst mal eingebremst. Die Soli werden der allgemeinen Bewunderung anvertraut, als ob in den Noten die Anweisung stünde: „Achtung, jetzt kommt Mozarts Geige.“ Nach der durchaus knackig genommenen Orchester-Exposition des A-Dur Konzerts wirkte das romantisiernd-künstliche Aufhorchenlassen besonders aufdringlich. Die Stellen summieren sich. Christop Koncz neigt zudem dazu, alle – wirklich alle – sich bietenden Gelegenheiten zu kleinen improvisatorischen Exkursen zu nutzen. Diese im Einzelnen erfindungsreichen Eskapaden lassen zuerst neugierig aufhorchen, läppern sich aber zusammen. Der Effekt braucht sich ab.

In diesem Hin und Her der solistischen Eigenwilligkeiten und großer Wankelmütigkeit in den Tempi mussten die Musiciens du Louvre schauen, wo sie blieben. Natürlich macht sich die Orchestererfahrung des Solisten wie die Routine der Musiker bezahlt. Meist war man rasch wieder auf Linie. Aber den sagenhaften Variantenreichtum des Orchestersatzes in beiden Werken, den hat man nur erahnen können. Und im ersten Satz: da trieb Koncz am Ende der Kadenz das Orchester in eine unkontrollierte Stretta, in der das Markenzeichen dieses Satzendes, das hinterlistig einkomponierte melodische Fragezeichen, völlig auf der Strecke blieb.

Manches war ruppig, vieles einfach beilaufig. Die Passage mit den Dudelsack-Quinten im Rondo des D-Dur-Konzerts: Sie kam letztlich robust bis derb daher anstatt mit Charme und Augenzwinkern. Dafür wirkte das Alla turca im Finale des A-Dur-Konzert wenig angriffig. Was hätte Minkowski da aus seinem Orchester rausgeholt? Manchmal geht ein Dirigent so richtig ab.

Die CD mit Mozarts fünf Violinkonzerten, von Christoph Koncz gespielt auf Mozarts Originalgeige und begleitet von den Musiciens du Louvre, ist bei SONY classical erschienen
Ab heute Samstag (10.10.) etwa 22 Uhr sollte der Mitschnitt dieses Konzertes auf der kostenpflichtigen Streaming-Plattform QchamberStream für 24 Euro sieben Tage lang abrufbar sein. Der Livestream wird jeweils zu Konzertbeginn freigeschaltet. Nach Konzertende dauert es 24 Stunden bis zum Upload des fertigen Videos. Konzert-Info und Anleitungen unter - qchamberstream.com
Bild: www.harrisonparrott.com / Andreas Herchenberger

 

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