Impresiones Españolas

KULTURVEREINIGUNG / REAL FILHARMONÍA DE GALICIA

05/03/20 Viele Mitteleuropäer gehen den Jakobs-Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Deutlich seltener machen sich Musiker auf den Weg in die Gegenrichtung. Für drei Tage jetzt im Großen Festspielhaus: das junge königliche Orchester aus dieser Hauptstadt der spanischen Provinz Galicien.

Von Horst Reischenböck

Der erste Abend der Real Filharmonía de Galicia unter Pablo Gonzáles am Mittwoch (4. 3.) im Großen Festspielhaus war hauptsächlich auf Spaniens international wohl bekanntesten Komponisten Manuel de Falla hin ausgerichtet. Gleich zu Beginn wurden Erinnerungen wach. Nämlich an das Gastspiel des spanischen Nationalballetts vor gut 35 Jahren, während der damaligen Kulturtage am selben Ort mit El sombrero de tres picos. Hervorgegangen aus der Umgestaltung der filigran kammermusikalisch besetzten Pantomime Der Stadtrichter und die Müllerin, in die de Falla übrigens an pointierten Stellen ironische Zitate aus den Sinfonien Nr. 1 und 5 des aktuellen Jahresregenten Ludwig van Beethoven einfügte.

In der Suite Nr. 1 scheinen diese allerdings nicht so auf Anhieb durch. Ihr gehört der Publikums-bekannt wirksame Fandango an, den Dirigent Pablo Gonzáles nach der Einleitung, die mit sparsamsten Mitteln vor dem geistigen Auge spanisches Kolorit illustriert, explizit ausspielen ließ. Schon hier beste Gelegenheit für den erst vor 25 Jahren entstandenen Klangkörper, seine Meriten ins Rampenlicht zu stellen.

Der Gedankensprung zu Maurice Ravel liegt nicht fern, waren doch Manuel de Falla und der Franzose in Paris miteinander bekannt. Als Solistin in Ravels G-Dur-Klavierkonzert brillierte Claire Huangci, die sich von Beginn an in den vertrackten Solopart verbiss, in dem der Komponist keinerlei Rücksicht auf pianistische Spielerleichterung nahm. Zart durchträumte sie mit der schlank besetzten Filharmonia aus Galicien das Adagio assai, um endlich umso vehementer durchs Finale zu stürmen. Geradezu stählerne Finger bewies Huangci dann in Friedrich Guldas Toccata mit ihren Jazz-Einsprengseln, letzte Möglichkeit um großartig virtuos zu punkten.

Dazu bieten Manuel de Fallas Noches en los jardinos de España nicht in gleichem Maß Gelegenheit. Es ist eben kein klassisches Konzert, sondern es sind stimmungsvoll impressionistisch angehauchte Tongemälde, die der Fantasie der Hörer freien Lauf lassen, eine Anregung zu gedanklichem Schwärmen von sonnigen Gefilden. Durch die reduzierte Besetzung traten die Bläsersoli explizit hervor, aber dennoch bleib der Flügel mitunter bestimmend zentral. Claire Huangci war für diesen Programmpunkt von einem schlichten schwarzen Kleid in eine rote Robe geschlüpft. Ihren Händen erleichterte sie die geforderten Glissandi durch Schützer.

Im zauberhaften Notturno, der Pantomima, als ursprünglich mutmaßlich vierter Satz der Noches Erinnerung an nächtliches Leuchten in de Fallas Vaterstadt Cadiz dann in sein Ballett El amor brujo integriert, durften sich dann die 38 Streicher aus Santiago vollends butterweich samtig profilieren. Für die darin andalusischer Folklore angenäherten Canciones brachten die Gäste mit dem Mezzo der Flamenco-Sängerin María José Pérez ein sowohl stimmlich authentisch wie auch optisch Sinnlichkeit ausstrahlendes Ideal mit. „Oh - ! Weiß nicht, was ich fühle, weiß nicht, was mir geschieht, wenn dieser verfluchte Zigeuner nicht bei mir ist.“ Oder, nach dem zündenden Danza ritual del fuego, in dem Zeitgenosse Igor Strawinsky anklopfte, „Du bist jener Zigeuner, den eine Zigeunerin liebte, die Liebe, die sie dir gab, hattest du niemals verdient.“ Worte (leider nicht einmal übersetzt im Programmheft zu finden), die Pérez auch gestisch wirksam untermalte.

Zum bejubelten Ausklang verströmten Orchester und Dirigent ihr Herzblut dann noch in einer elegischen Hymne auf ihre Heimat. Ein Gedicht von Rosalía de Castro, das Xoán Montes Capón inspirierte. Eine Rarität, hier in der Instrumentalfassung von Octavio Vásquez dargeboten.

Heute Donnerstag (5.3.) und am Freitag (6.3.) spielt die Real Filharmonía de Galicia unter Pablo Gonzáles vor „El amor brujo“ die D-Dur-Sinfonie von Spaniens Klassik-Zeitgenossen Juan Crisóstomo de Arriaga, Joaquín Rodrigos populäres Concierto de Aranjuez mit Gitarrist Enrike Solinis und zwei Sätze der Suite „Iberia“ von Isaac Albéniz – www.kulturvereinigung.com
Bilder: SKV / May Zircus (1); FélixVázquez (1); clairehuangci.com (1)