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Nicht reden. Spielen lassen.

DIALOGE / ASPEKTE DER MODERNE

03/12/18 Komponist wollte er schon als Kind werden, aber er habe nicht davon geträumt, ein japanischer Komponist zu werden. Sagte der japanisch-stämmige Komponist Dai Fujikura. Wieviel „japanisches“ tatsächlich in seinem Werk stecke, müsse das Publikum schon selber entscheiden. Danke!

Von Heidemarie Klabacher

Viel „Japanisches“ hat man tatsächlich nicht heraushören können aus dem sehr fein gewobenen, vielleicht ein wenig langatmigen, aber überaus klangsinnlichen Cellokonzert aus 2016 von Dai Fujikura. Benedict Kloeckner war der Solocellist, der sich, wie vom Komponisten gewünscht, als „Main Storyteller“ so virtuos wie geschmeidig im Wechsel von Hervortreten und Zurücknehmen erwies.

Noch viel widerständiger gegen eine, ohnehin völlig unnötige, vermittelnde Deutungs- oder Hör-Nachhilfe gab sich der jüngste Komponist im Eröffnungskonzert der Dialoge, der 1989 in England geborene Cameron Michael Graham: Nein, über Rhythmus gehe sein erst heuer komponiertes Stück Slow.Burn.Footwork nicht, „wenn es gestattet sei zu widersprechen“, sondern um das, zwischen Rhythmus und Nicht-Rhythmus. Der junge Komponist ist ein Gentleman von britischer Höflichkeit.

Es wurde auch sonst zu viel zerredet im Konzert Aspekte der Moderne zur Eröffnung der Dialoge 2018 am Freitag (30.11.) im Großen Saal des Mozarteums. Braucht's solche Einführung wirklich? Peter Eötvös war nicht da, man brauchte ihn also nichts zu fragen. Sein wunderbares Memento Per Luciano Berio war tatsächlich ein wunderbarer Moment – heraufbeschworen vom Mozarteumorchester unter Peter Tilling.

Auf die möglicherweise als Scherz (aber warum dann überhaupt) gestellte Frage, welchen „Rat“ er jungen Kollegen auf den Weg gebe, gab Peter Ruzicka in gewohnt ruhiger zurückhaltender Souveränität natürlich keinen Rat, sondern sprach einen einzigen Satz von der Bedeutung des Augenblicks, in dem der Komponist „zum ersten Mal musikalisch ICH zu sagen wagt“.

Dieses musikalische Ich-Sagen hat Peter Ruzicka, Jahrgang 1948, schon vor Langem gewagt. Seine geradezu traumverloren schöne Elegie. Erinnerung für Streichorchester entstand 2014. Sie basiert auf den letzten dreizehn Takten Musik, die Richard Wagner komponiert hat.

Der Dirigent des Abends, Peter Tilling, spielte das nicht zweiminütige Original auf dem Flügel, bevor er das Mozarteumorchester die subtil „zwischen Nähe und Ferne zu Wagner“ changierende Kostbarkeit entfalten ließ. Nur wenige Momente ließen Wagner-Assoziationen entstehen, aus dem Klavierstück zitiert Ruzicka etwa die Eröffnungsakkordfolge.

Unter das Motto Aspekte der Moderne passt „konzeptuell“ einfach alles, seit – sagen wir mal grob – seit der Zweiten Wiener Schule. Jedenfalls passt darunter auch die vergnüglich swingende, an flotte Filmmusik erinnernde Kleinigkeit Go aus dem Jahr 2016: Der 1980 geborene Adam Schoenberg ist einer der meist aufgeführten Komponisten Amerikas. Ebenso mutig tonal das von der Liebe zu langsamen Sätzen Gustav Mahlers gespeiste (aber nicht abhängige) Stück Transient. Immer schweigender von Johannes Motschmann.

Das Mozarteumorchester widmete den Werken aller Richtungen, Tiefgründigkeiten und Stile virtuose Aufmerksamkeit. Werke und Interpreten und Zuhörer hätten es verdient, dass der „Dialog“ zwischen Musik und Publikum an diesem ohnehin langen Abend nicht durch unnötiges „Vermitteln“ beeinträchtigt wird. Wenn man der Musik nicht vertraut, sollte man's lassen.

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

 

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