Kunstbegegnungen auf Augenhöhe

HINTERGRUND / 25 JAHRE TRANS ART

09/07/18 Wie eine „Torte aus mehreren Stücken“ könne man sich ihr Konzept vorstellen, erklärte Astrid Rieder vor einigen Jahren ihr „trans-Art“-Konzept. Aber es geht nicht ums Auseinanderschneiden. Die Tortenstücke, sprich die unterschiedlichen Künste, sollen bei „trans Art“ zusammenkommen, sich gegenseitig bereichern, ein Ganzes ergeben.

Von Reinhard Kriechbaum

Sie ist eine der Beharrlichen in Salzburgs Kulturleben, indem sie in eine Rolle schlüpft, die der eines Musik-Galeristen ähnelt: Ein guter Galerist hat ja nicht nur die Künstler, sondern auch die Kundschaft bei der Hand – und die Vernetzung ist seine eigentliche Aufgabe. Das macht Astrid Rieder seit 25 Jahren mit großer Konsequenz. Mit „Atelierkonzerten“ hat sie begonnen, zuerst im eigenen Wohnzimmer, aber selbst dort konnten 75 Leute zusammen kommen, und das hat dann doch den Rahmen gesprengt. Es folgten einige Jahre Atelierkonzerte im TechnoZ mit jeweils rund 130 Gästen. Seit 2011 „bespielt“ Astrid Rieder ein Atelier im Künstlerhaus. Dass das OeNM auch dort beheimatet ist, hat sich gewiss nicht als Nachteil herausgestellt.

Seit 2014 spüre sie mit ihren „trans-rt“-Performances noch intensiver als bisher den „Wechselbeziehungen zwischen den Künsten und Künstlern“ nach, erklärt Astrid Rieder. Am Donnerstag (12.7.) ist Wolfgang Seierl, als Maler, Musiker, Komponist und Impresario sozusagen ein Verbündeter in Geist und Seele, dabei. „Wolfgang Seierl, bei dem ich zusammen mit anderen TeilnehmerInnen vor 25 Jahren das erste Mal zu Klängen vom Morton Feldmann und John Cage großflächig unidirektional zeichnen konnte, wird ein Impulsreferat halten.“

Zwanzig Jahre lang also hat Astrid Rieder in jedem Frühjahr ein Atelierkonzert für neue Musik mit niederschwelligem Zugang für das Publikum veranstaltet. „Da das Programm immer umfangreicher wurde, immer mehr Musiker auftreten wollten (wofür Astrid Rieder mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit auch nachhaltig gesorgt hat), ja sogar die Programmierung übernahmen, wollte ich zurück zu meiner eigentlichen künstlerischen Tätigkeit: trans-Art Wechselbeziehung auf Augenhöhe.“ Astrid Rieder ist die Einbindung des Publikums seit jeher ein Anliegen, genau wie die Umsetzung von Musik und Ton auf Farbe und Papier: „Das führt zu einer Vertiefung.“ Und nicht minder wichtig: die Nähe zu den Künstlern.

Seit einigen Jahren also heißt die Veranstaltung „do trans-Art“. Mit einem Stück von Brian Ferneyhough, „Incipit“, hat die Serie 2016 angefangen, insgesamt feiert man das 25-Jahre-Jubiläum. „trans Art ist ein in Echtzeit entstehender Dialog zwischen zwei oder mehreren Künstlern, der traditionell gesetzte Grenzen zwischen Kunstgenres durchbricht“, erklärt Astrid Rieder. „Dadurch ermöglicht trans-Art die vertiefte Wahrnehmung abstrakter Kunst auf mehreren Ebenen. Eine trans-Art Performance verbindet mindestens zwei Kunstrichtungen, meist bildende Kunst und neue Musik (neue Musik ist seit dem Beginn der künstlerischen Arbeit 1993 integraler Faktor), kann aber auch Tanz, Akrobatik oder Text umfassen.“ Obwohl die Grundzüge einer solchen Performance von den Künstlern vorbereitet werden, entstehe der Dialog spontan und werde auch durch die Atmosphäre am jeweiligen Abend beeinflusst.

Zuerst habe man von Composition grafique gesprochen, so Astrid Rieder. „Dieser Titel entstand in einem Gespräch mit dem Designer Maurin Donneaud während der Schmiede Hallein 2016 und beinhaltet die Großzeichnung, die aufgenommene Musik mit dem Raumklang und der Zeichengeräusche. Der gleichwertige dritte Part ist das Dokumentarvideo.“ Solche Dinge dokumentiert und sendet Astrid Rieder in ihren Sendungen für die Radiofabrik, wo sie monatlich über Neue Musik und natürlich auch über ihre trans-Art Beiträge gestaltet. An jedem 2. Donnerstag im Monat lädt Astrid Rieder zu einer „do trans-Art“-Performance mit Musikern in ihrem Atelier im Künstlerhaus. Die Liste ist unterdessen lang: Agustin Castilla-Avila, Alexei Grots, Simone Heilgendorff und Claudius von Wrochen, Paris Tsenikoglou, Hans Wolf, Sam Beklik, Robert C. Bauer, Ferdinand Steiner, Rupert Struber, Frank Stadler, Celina Hubmann, Peter Sigl, Dominik Gruber, Anna-Maria Hefele, Gregor Waach, Paul Jaeg, Judith Valerie Engel.

„Mit einigen Kolleginnen und Kollegen performte ich mehrere Male“, sagt Astrid Rieder, und ein wenig schnippisch fügt sie an: „Sogenannte 'Blattspieler' wollen mit mir nicht zusammenarbeiten.“ Es geht ja genau darum, Spontanres entstehen zu lassen. „trans-Art befindet sich nicht nur in einem künstlerischen Spannungsbogen, sondern auch in einem diskursiven. So bezeichnet Martin Losert, mit dem ich die do trans-Art Performance im Dezember durchführen werde, den musikalischen Part als 'instant composing'.“

Die Auslandskontakte der emsigen Netzwerkerin Astrid Rieder sind auch nicht zu verachten: Das Konzert 25-Jahre do trans-Art (am 12.7. um 19.30 Uhr im Künstlerhaus wird im Rahmen des ONE MONTH FESTIVAL SEOUL via facebook weltweit ausgestrahlt. Beispiele für trans-Art auf der Radiofabrik  www.astrid-rieder.com
Bilder: www.astrid-rieder.com