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Klangeinheit in Feinabstimmung

CAMERATA SALZBURG / VIOTTI

11/06/18 Das letzte Saisonkonzert der Camerata wurde unter dem jungen Dirigenten Lorenzo Viotti zum Klangfest. Herzstück war das Doppelkonzert a-Moll op. 102 von Johannes Brahms, bei dem Geigerin Alina Ibragimova und Cellist Clemens Hagen in den Soloparts mit Spielkultur und Virtuosität glänzten. Ein zusätzliches Hagen-Heimspiel im Orchester gaben Lukas Hagen als Konzertmeister und Iris Juda-Hagen am Bratschenpult.

Von Elisabeth Aumiller

Lorenzo Viotti, mit französisch-italienischen Wurzeln in der Schweiz geboren, Sohn des früh verstorbenen Dirigenten Marcello Viotti, gewann mit 25 Jahren den Young Conductors Award der Salzburger Festspiele. Inzwischen dirigierte er eine Reihe von namhaften Orchestern und konnte vielseitige Erfahrungen sammeln. Auf seinem vielversprechenden Karriereweg wird er mit gerade 28 Jahren vielerorts bereits als Jungstar gefeiert und ab der kommenden Saison ist er Chefdirigent des Gulbenkian-Orchesters Lissabon.

Die Camerata-Musiker lenkte Viotti mit vitalem Impetus ohne ausladende Gesten und Showeffekte, aber mit präzise strukturierter Eindringlichkeit. Es beeindruckten seine Ernsthaftigkeit und innere Kraft, mit denen er die Musiker motivierte, seine Klangvorstellung umzusetzen.

Dem Brahmskonzert gab er bewegend pulsierende Rhythmik, blieb aber maßvoll in den Tempi. Cello und Violine setzten kadenzierend die einleitende Vorgabe, die dann der Orchestereinsatz entfaltete und weiterentwickelte. Ibragimova und Hagen brachten ihre Qualitäten brillierend ein, in singender Melodik ebenso wie in den virtuos anspruchsvollen Passagen. Im Miteinander verschmolzen sie zu einer Klangeinheit in Feinabstimmung. Brahms war ursprünglich für ein Cellokonzert beauftragt, schrieb aber den Violinpart dazu für den Geiger Joseph Joachim, mit dem er sich entzweit hatte und auf diese Weise aussöhnen wollte. So flocht er auch ein Zitat des von Joachim geschätzten Violinkonzerts von Giovanni Battista Viotti ein, übrigens ein Ururgroßonkel von Lorenzo Viotti.

Zuvor setzte der Dirigent auf dramatische Attacke - in der Ouvertüre zu Franz Schuberts „Alfonso und Estrella“. Mit seinen Opernkompositionen ist Schubert bis heute weitgehend glücklos geblieben. Das meist lyrische Liedempfinden lässt die spannende Brisanz der großen Operngeste vermissen. Unter Viottis Leitung erwies sich die Ouvertüre dennoch als reichhaltig tönendes Gefüge reizvoller instrumentaler Verflechtung, kontrastreich mit auftrumpfendem Aplomb im Wechsel mit kantablen Linien.

Die zweite Sinfonie C-Dur op. 61 von Robert Schumann genießt nicht die gleiche Beliebtheit wie andere Werke des Komponisten. In nur 16 Tagen soll er sie notiert haben, in einer depressiven Phase, in der er sich „noch halb krank“ fühlte und seine Komposition folglich mit „mir ist's, als müsste man ihr das anhören“ kommentierte. Allgemein gilt die Sinfonie als eine Mischung aus klassischen Vorbildern und romantischer Empfindungswelt. Viotti ließ sie sensibel in strömendem Atem fließen, holte markante Themen an die Oberfläche, dabei auf das brillante und achtsame Spiel der Musiker bauend. In feiner Schwebung wurde der langsame Satz zum bezaubernden Kernstück. In der Gesamtheit wirkte diese Interpretation trotz dynamischer Gegensätze wie die ausgewogene Wellenbewegung eines großen Flusses, in den die Zuhörer wohlig und vertrauensvoll eintauchen konnten.

Das Abo-Programm der Camerata Salzburger in der Spielzeit 2018/19 - www.camerata.at
Bild: Ugo Ponte

 

 

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