Eine Legende zu Gast

MOZARTEUMORCHESTER / KRYSZTOF PENDERECKI

09/04/18 Krysztof Penderecki! Der Doyen der polnischen Komponisten wird heuer 85 und weltweit gefeiert. Zur letzten Sonntagsmatinee dieser Saison bescherten Krysztof Penderecki und das Mozarteumorchester den Salzburgern die Erstaufführung seines zweiten Violinkonzerts mit Leticia Moreno als gefeierter Solistin.

Von Horst Reischenböck

In gewisser Weise erinnert Krysztof Penderecki von Gestik und Aura her an den späten Paul Hindemith. Kein „komponierender Dirigent“ sondern vielmehr ein dirigierender Komponist: Als solcher ist Penderecki freilich nicht nur in eigener Sache unterwegs, sondern auch im Dienst an großen Schöpfungen anderer Kollegen.

Als 1970 bei den Salzburger Festspielen im Dom seine „Passio et mors domini nostri Jesu Christi secundum Lucam“ – diese wird kommenden Sommer erneut zu erleben sein – beeindruckte oder auch schockierte, war Penderecki längst zu einer Ikone zeitgenössischen Musikschaffens geworden. Einer, der alle klanglichen Möglichkeiten damaligen zeitgenössischen Schaffens nutzte. Seit damals fand Penderecki längst wieder zu einer altersweisen Reduzierung der Mittel. Tonal vereinfachend in fast post-romantischem Duktus schreibend, ermöglicht er problemloses Verständnis, etwa seiner Konzerte für verschiedene Soloinstrumente, alle großen Interpreten zugeeignet. Das zweite Cellokonzert entstand für Mstislav Rostropovitch, das erste Violinkonzert hob Isaac Stern aus der Taufe; das zweite wird die Widmungsträgerin Anne-Sophie Mutter noch diesen Mai erneut in London und Berlin, dort unter Leitung des Komponisten, ausführen.

Am Sonntag (8.4.) im Großen Festspielhaus war's die junge Spanierin Leticia Moreno, die bei Maxim Vengerov studiert hat und Mstislav Rostropovitch zu ihren Lehrern zählt. Von ihrem Salzburg-Debüt letzten Oktober noch in bester Erinnerung, widmete sie sich nun der von Penderecki gestellten anspruchsvollen wie kräftezehrenden Aufgabe. Das Konzert ist, wie seine Vorgänger ein ausgedehnter Einsätzer. „Metamorphosen“, so der Titel, entwickeln sich klar nachvollziehbar aus vier ersten Orchesterschlägen und heißen die feminin gedachte Solostimme vorerst nur zögerlich einsetzen. Diese steht dafür weiterhin nahezu permanent durch alle Höhen und gedankliche Tiefen an Emotionen im Fokus und hat alle technischen Möglichkeiten des Instruments auszureizen. Typisch für Penderecki sind die Höhepunkte in den virtuosen Kadenzen. Deren Brillanz rückten Leticia Moreno und ihre wohltönenden Guarneri gekonnt ins Rampenlicht: eine beeindruckende Leistung in perfektem Zusammenspiel mit dem in Großbesetzung strahlend blechgepanzert und mit umfangreichem Schlagwerk bestückt angetretenem Mozarteumorchester.

Dieses widmete sich nach der Pause in entsprechend reduzierter Zahl Ludwig van Beethovens Symphonie A-Dur Nr. 7 op. 92. Spätestens mit dem Einstieg in das berühmte Allegretto mit seinen rependierenden Akkorden entschlüsselte sich dabei die gedanklich klug gewählte Verbindung beider Werke innerhalb des Programms der letzten Sonntagsmatinee dieser Saison.

Pendereckis lieferte ökonomische Anweisungen, die das Orchester in ständigem Blickkontakt mit dem Dirigenten, minutiös befolgte: Das Zusammenspiel der exzellenten Holzbläser war erneut perfekt austariert – und wert eines Sonderlobs. In zügigem Sog, ganz ohne sonst wieder gebräuchliche Wiederholungen etwa der Themenaufstellung des Kopfsatzes oder im Presto, ging es so auf das bekrönende Finale als mitreißendendem Abschluss zu.

Bilder: Ludwig van Beethoven Association and Bartosz Koziak (1); Omar Ayyashi (1) / Mozarteumorchester (1)