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Das Innenleben des Schlagzeugs

HOFHAYMER GESELLSCHAFT / KONZERT

22/06/17 Philipp Lamprecht spielte Neue Musik für Schlagzeug im Künstlerhaus. Der heiße Abend des 19. Juni war erfüllt mit schwingenden und mitunter sogar singenden Klängen, mit vertrackten Rhythmen und Partikeln von Gerauschen. Ein Konzert der Hofhaymer Gesellschaft.

Von Paul Kornbeck

Helmut Lachenmanns „Interieur 1“ aus dem Jahr 1966 ist längst ein Klassiker. Die „bis dahin ungehörten Klangverbindungen“, wie es im Programmheft heißt, sind mittlerweile durchaus „erhört“. Ja, wenn man das Stück lange nicht gehört hat, dann stellt man mit Verwunderung fest, wie sehr darin aparte, manchmal sogar sich zu Melodien verdichtende Motive schlummern, die der famose Solist einer ganzen perkussiven Batterie zu entlocken vermochte. Das explosiv oder irritierend Geräuschhafte, Lachenmanns „Musique concréte instrumentale“, birgt Stimmungsbilder in sich, die man selbst mit Assoziationen füllen kann.

Danach mutet Salvatore Sciarrinos „Appendice alla perfezione“ für 14 Glocken von 1985, eigentlich der Schluss eines Kammermusik-Werks, wie ein feines, zartes Klanggespinst an, hinter dem italienische Kantabilität fortwirkt. Neue Musik kann auch eine solche zum Träumen sein und dies ist kein Nachteil.

Herbert Grassls „unter strom“ von 2016 ist ursprünglich vom Elend der Flüchtlinge inspiriert, obwohl der Komponist dies nicht konkreter verstanden haben will. Doch die Musik wirkt wie eine elegische, stille Klage, eine Trauermusik voll eigenartiger Schönheit. Grassl arbeitet in diesem berührenden Stück mit Polychorden und ungewöhnlichen Instrumenten wie einem Stück Rohr und erzeugt Schwingungen, die sich mysteriös zu melodischen Bögen führen. Philipp Lamprecht, seit diesem Schuljahr Lehrbeauftragter für Schlaginstrumente am Orff-Institut, spielt das mit geradezu selbstverständlicher Virtuosität, ohne die darin liegende Emotionalität zu vergessen.

Welch ein Kontrast ist danach Marco Döttlingers „infinite loop“ (2014) für zwei kleine Trommeln und Elektronik, eine komplizierte Drumset-Etüde, deren tiefere Bedeutung hinter dem technischen Furor verborgen bliebt, vielleicht gar nicht gewollt ist. Zum heiteren Ausklang gab es „Le corps à corps“ (1978) „für einen sprechenden Schlagzeuger und seine Zarb“ von Georges Apergis. Der griechische Franzose ist immer schon für Scherze gut gewesen. Was Philipp Lamprecht hier als bewegter Darsteller eines Autorennens nicht mit Worten, sondern nur mit Lauten und Silben von sich gibt, ist bewundernswert, rasant und reizt die Lachmuskeln. Dazu trommelt er auch noch voller Hingabe. Vom Körper des Instruments geht es ständig zum Körper des Sprechers. Einfach brillant ist das – und neue Musik, klein oder groß geschrieben, kann selten, aber doch auch unterhaltsam sein.

Bild: philipplamprecht.com

 

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