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Nicht nur „heimatliche“ Klänge

PHILHARMONIE SALZBURG / JUSTUS THOREAU / CHRISTIAN-PIERRE LA MARCA

06/04/17 Chefdirigentin Elisabeth Fuchs war krank. So hatte am Mittwoch (5.4.) der junge Dirigent Justus Thorau die Chance, seine Visitenkarte im Großen Saal des Mozarteums abzugeben: ein überaus gelungenes Salzburgdebüt, zusammen mit dem phänomenalen Cellisten Christian-Pierre La Marca.

Von Horst Reischenböck

Zuvorderst ging es um Friedrich Guldas Cellokonzert, jenes janusköpfige Werk, das mit seinem Changieren zwischen seriöser Komposition und ironisch verfremdeten Versatzstücken zwiespältige Gefühle hervorzurufen vermag. Fetziger Jazz-Einstieg, trügerisch alpiner Ruhepol samt spanisch inspirierter Idylle, altertümelndes Menuett mit frankophil impressionistischem Trio – und finale Karikatur einer Wirtshaus-Kapelle aus dem Salzkammergut... Dies alles um eine ausufernde Kadenz im Zentrum gruppiert, die weiteren Assoziationen Raum bietet, vom Summen der Bienenschwärme über das Säuseln des Winds durch Wald und Hain - in das von Ferne dann auch nochdie Glocken vom Big Ben herein läuten.

Das Werk war dem leider jüngst verstorbenem Cellisten Heinrich Schiff zugedacht, der sich allerdings später davon distanzierte. Nun war es den Händen des verblüffend jungen französischen Meistercellisten Christian-Pierre La Marca anvertraut. Zusammen mit der Jazz-Combo meisterte er die vertrackten Anforderungen von Anbeginn an souverän. Das Solo wurde allerdings im hinteren Bereich des Saales durch die von Gulda selbst vorgesehene Verstärkung von der - in sich perfekt austarierten Bläserriege – gelegentlich zugedeckt. Jubelnd bedankt, bewies La Marca dann mit dem Prélude von Bachs Suite G-Dur BWV 1007, welche Fülle wohllautend schöner Töne er seinem edlen Instrument auch ohne Lautsprecher entlocken vermochte.

Von Guldas Wahlheimat Oberösterreich führte der Weg dann Richtung Norden ins benachbarte Tschechien – verherrlicht und musikalisch geadelt durch Bedřich Smetana im Zyklus „Má vlast“, Mein Vaterland. Bislang in Salzburg meist Gastspielen der Prager Sinfoniker vorbehalten, stellte sich die Philharmonie Salzburg der Herausforderung des halben Dutzends an Sätzen, in die der Komponist sowohl die nicht immer friktionsfreie Geschichte, wie die Schönheit der Gegenden verwob. Angefangen mit den Harfenklängen, zu denen der Barde über Vyšehrad zu erzählen anhebt und in dessen Verlauf beide Klarinettisten zu wunderbar verhauchten Tönen fanden. Die Steigerungen führten die Flötisten nahtlos an die Quellen, aus denen sich Vltava, die bekannte Moldau, speist. Mit der böhmischen Amazone Šárka knüpfte Smetana an seine frühen, in Schweden entstanden und von Liszt beeinflussten Tondichtungen historischen Inhalts an - mit übrigens selten so vernehmbaren Anklängen an Beethoven, Wagner und Verdi.

Dann ging es lustvoll saftig durch Böhmens Hain und Flur und letztlich in jenes Satzpaar hinein, das mit Tábor und Blanik die Hussiten zum Ausgangspunkt hat. Gastdirigent Justus Thoreau spannte umsichtig den großen Bogen darüber und war zugleich umtriebig um dynamische Abschattierung bemüht. Trotz des fulminant aufspielenden Blechs gelang es ihm auch, die Lautstärke und damit die Akustik des Saales nie an oder gar über die Grenzen zu führen. Das tschechische „Mein Vaterland“ also erstklassig umgesetzt durch die salzburgische Philharmonie, die mit ihrer Lesart durchaus auch beim Prager Musikalischen Frühling bestehen könnte, zu dessen traditionellem Bestandteil der alljährlich Zyklus gehört!

Bild: www.christianpierrelamarca.com / Mat Hennek; www.staatstheater.karlsruhe.de

 

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