Zoo im Ohr oder eine musikalische Viecherei

GROSSER SAAL / CAMERATA

02/01/10 Unter diesem Titel gelang es der Camerata Salzburg im Großen Saal des Mozarteums wieder einmal, vergnüglich ins Neue Jahr einzusteigen.

Von Horst Reischenböck

"Zoo im Ohr oder eine musikalische Viecherei" also. Natürlich denkt man da zunächst einmal an Saint-Saëns’ „Carneval der Tiere“. Doch just der blieb ausgespart. Stattdessen elektrisierte sogleich die schnarrende kleine Trommel zum Einstieg in die Rossini-Ouvertüre zur „Diebischen Elster“ – allseits bekannt spätestens seit Kubricks Film „Clockwork Orange“. Erfreulich, sie anstatt in Bearbeitung für russische Balalaika-Ensembles in der Altstadt einmal spritzig im Original erleben zu dürfen: animiert angestachelt und vorwärts getrieben durch den Primus inter pares Lukas Hagen.

Später war Hagen als Konzertmeister in Schostakowitschs Romanze aus der Filmmusik zur „Stechmücke“ zu erleben - von Lev Atoumian zur Suite op. 97a arrangiert, von Lukas Hagen mit betörendem Schmelz interpretiert. Der „Täuberln“-Walzer, Vater Strauss' op. 1, wurde gleichfalls solistisch besetzt und erinnerte an den Ursprung von Wiens Tanzmusik - als einst Linzer Geiger Donau-abwärts aufspielend die Fahrzeit musikalisch verkürzten. All das bot Gelegenheit für den Kontrabassisten Josef Radauer nicht nur Erläuterungen sondern auch amüsante Gstanzln beizusteuern. „Die Taube“ war schon zuvor auch aus Respighis Händen aufgestiegen.

Mozarts „Vogel Star“-Gedicht – Ornithologen haben das Flügeltier als Amsel klassifiziert – ergänzte Radauer gekonnt um zwei Zeilen in Richtung „Kanarienvogel“, damit souverän die Kurve zum Deutschen Tanz KV 600/5 kratzend. Das chorisch ausgeführte Finale von Joseph Haydns „Vogel-Quartett“ Hob III:39 durften die Bassgeigen gelegentlich zur Tiefe hin verstärken, dieweilen ihnen schon der Kopfsatz von Telemanns „Grillensymphonie“ Virtuosität abverlangt hatte. Erster Teil einer Barock-Exkursion, die Don Quixotes Pferd Rosinante und, darin eingebettet, der Esel von Diener Sancho Pansa, umschloss.

Dann der Blick ins „Straussen“-Gehege - dominiert hat dort der geniale Josef mit seinem „Dorfschwalben“-Walzer, oder den beiden Polka Mazur „Die Gazelle“ und „Die Libelle“. Letztere übrigens in ungewohnter Version für Salonorchester. Johanns „Fledermaus“-Ouvertüre durfte in diesem Käfig natürlich nicht fehlen, wie die „Tritsch-Tratsch“-Polka, die seinerzeit im Wirtshaus zum „Großen Zeisig“ uraufgeführt wurde.

Den offiziellen Schlusspunkt setzen drei von Herbert Berger arrangierte Sätze aus Bruns Filmmusik zum Walt Disney-Klassiker „Das Dschungelbuch": Da zeigte sich, dass die Camerata auch als Jazz-Big-Band aufzutreten versteht. Gab es zuvor schon eine Begegnung mit Haydns „Bär“, so folgte nun das Zusammentreffen mit Balu, optisch garniert mit dem hübschen Einfall, ähnlich wie in der Abschieds-Sinfonie die Ausführenden nach und nach abtreten zu lassen – bis nur mehr Flöte und Fagott ihre Weisen bliesen. Für die Ovationen bedankten sich die Musikerinnen und Musiker wieder mit fremdsprachigen Glückwünschen. Und als Rausschmeißer erinnerte nach zweieinhalb Stunden noch „Éljen a Magyar!“ an Sándor Végh.