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Macht Spaß, der Pop um 1600

CD- KRITIK / LAUTE

08/04/15 „Stille Musik“ ist zwar ein Punkt zum Anklicken auf der Website von Lutz Kirchhof. Aber in Wirklichkeit ist er ein Lautenist, der dieses Instrument gerne in seiner absoluten Fülle vorstellt – und das meint eben nicht nur die Breite des Repertoires, sondern eben auch die klang-sinnlichen Möglichkeiten.

Von Reinhard Kriechbaum

Die neue CD „Chipass“ mit Musik fahrenden Volkes steht mithin für alles andere als nach innen gekehrte Lautentöne. Wenn das Cover poppig wirkt, hat das seinen guten Grund: Wir haben es absolut mit Pop zu tun, mit Weltmusik sogar.

Da sind also die Gassenhauer durch Europa gewandert, verbreitet eben von fahrendem Musikervolk. Lutz und Martina Kirchhof schöpfen aus der nun wirklich internationalen Vielfalt im „Königsberger Lautenbuch“: Galliarden von John Dowland finden sich da, eine Bergamasca aus Italien, Tänze von Valentin Haussmann, Deutsche Gesellschaftslieder wie das bei Chören nach wie vor beliebte Hassler’sche „Jungfraw euewr schoen Gestalt“ (natürlich in Lauten-Intavolierung). Und dann sind da natürlich viele, viele anonym überlieferte Stücke. Nicht wenige Melodien hat man ohnedies im Ohr, weil sie von Komponisten immer wieder für alle möglichen Instrumente adaptiert und vor allem für Variationen hergenommen wurden.

Nicht alles ist ur-lustig. Auch fromme Psalmlieder finden sich. Ein gewisser Ambrosius Lobwasser hat Gesänge der Hugenotten notiert und gesetzt! Und der „Totes Tantz“ stellt man sich als Grabmusik vielleicht vor, wie wenn heute eine Blasmusik zum „Ich hatt einen Kameraden“ anhebt.

Reizvoll, wenn ein „Polnisch Tantz“ plötzlich einen Drall bekommt, als ob er von Musikanten aus in einem jüdischen Städel ausgeführt würde. Am Beispiel des „Stieglitz“, einer Komposition von Philipp Hainhofer“, erklärt Lutz Kirchhof in dem etwas dürftig ausgefallenen Booklet, dass osteuropäische Musiker dem Stück rhythmisch ein wenig auf die Sprünge geholfen haben.

Lutz und Martina Kirchhof halten sich durchaus zurück. Sie klinkt sich mit Diskant- oder Tenor/Bass-Gambe zart ein in die Lautensätze, deren Melodiestimmen dadurch Kontur gewinnen. Man kann sich vorstellen, dass es so ähnlich wohl war, wenn Musiker von auswärts losgelegt haben und einheimische Streicher, ganz Ohr, bei der zweiten, dritten Wiederholung eingestiegen sind auf die musikantischen Offerte.

Ganz sparsam wird die Schellentrommel eingesetzt. Das Verzieren und Diminuieren ist bei den vielen Wiederholungen sowieso selbstverständlich. Keine plumpen Folk-Anleihen, das versteht sich. Die Stücke sind zu fünf „Suiten“ zusammengefasst, sinnvoll gruppiert und tariert also. Jede dieser Folgen endet interessanterweise mit einem ruhigen geistlichen Stück, auch jene Suite, in der polnische Tanzsätze kombiniert sind. Polnisch heißt keineswegs bloß „Polonaise“.

Macht viel Spaß, dieser Pop in etwa aus dem Jahr 1600. Und der CD-Titel „Chipass“? Er kommt von einem italienischen Lied, „Chi passa per questa strada“.

Chipass. Musik der Fahrenden. Lutz & Martina Kirchhof (Laute, Viola da Gamba). LutzLute, LL 14001, www.lutzlute.de

 

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